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Politik: Nahost-Krise: Udo Steinbach im Gespräch: "Europa muss so sichtbar werden wie die USA"

Udo Steinbach (57) ist Direktor des Deutschen Orientinstituts in Hamburg. Er hat die Hoffnung auf Frieden in Nahost noch nicht aufgegeben.

Udo Steinbach (57) ist Direktor des Deutschen Orientinstituts in Hamburg. Er hat die Hoffnung auf Frieden in Nahost noch nicht aufgegeben.

Gibt es noch eine Chance auf Frieden?

Ich sehe diese Chance auf der Basis der Vorschläge, wie sie von US-Präsident Clinton vorgelegt worden sind. Das heißt aber, dass diese Vorschläge und Prinzipien eindeutig sein müssen. Offensichtlich ist den Beteiligten aber nicht klar, was Clinton gemeint hat. Es muss in drei Punkten Klarheit herrschen. Erstens die Rückgabe der besetzten Gebiete, zweitens die Aufgabe der israelischen Souveränität über einen Teil der arabischen Altstadt, und drittens die prinzipielle Aufgabe des Rechts auf Rückkehr der Flüchtlinge durch die PLO.

Und wenn es keine Einigung gibt?

Dann wird es ganz gewiss zu einer Eskalation kommen. Die Palästinenser werden ihre Fähigkeiten, Israel militärisch zu treffen, ausbauen. Und Israel wird immer härter zurückschlagen. Das ist quasi ein kriegsähnlicher Zustand. Der nächste denkbare Schritt wäre dann die vollständige Trennung der Palästinensergebiete von Israel.

Gibt es arabische Staaten, die an der Eskalation Interesse haben?

Ja, Irak zum Beispiel. Saddams Regime verspricht sich, durch militante Rhetorik für die Sache der Palästinenser in der arabischen Welt wieder hoffähig zu werden. Ich könnte mir auch vorstellen, dass Teile des Regimes in Iran Interesse haben, um die islamische Legitimation in Iran wieder zu verschärfen. Generell aber sind die, die ein Interesse an der Eskalation haben, in der Minderheit. Die Masse der Staaten, wie Ägypten und Jordanien, haben ein vitales Interesse an einem Frieden.

Werden die USA mit der Bush-Administration künftig als Vermittler ausfallen?

Nein. Sie werden nach einer möglichen Pause durch den Regierungswechsel mit ähnlicher Intensität den Friedensprozess voranbringen. Schließlich haben sie ein erhebliches Interesse an Sicherheit, Stabilität und auch am Öl. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass die Erfahrung von Clinton weiter genutzt wird. Ich halte es für essenziell, dass die Europäische Union ins Spiel kommt. Sie war beim ersten Treffen in Scharm el Scheich im Oktober durch Solana ja gut vertreten. Ich denke, dass insbesondere die Palästinenser das Vertrauen in die Vermittlerfunktion der USA verloren haben.

Sollte es eine Rollenverschiebung weg von den USA hin zu Europa geben?

Nein, die EU und die USA müssen gemeinsam stärker auftreten. Europa muss in gleicher Weise sichtbar sein wie die USA. Israel sieht seine Interessen eher durch die USA und die Palästinenser durch Europa vertreten. Hinzu kommt die zentrale Rolle Ägyptens. Kairo versucht, gemeinsame Standpunkte innerhalb des arabischen Lagers vor allem in der Jerusalem-Frage herzustellen.

Gibt es noch eine Chance auf Frieden?

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