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Papst Jerusalem

© dpa

Nahost-Reise: Scheich sorgt für Eklat bei Papst-Besuch

Während des Besuchs von Papst Benedikt XVI. in Israel hat ein prominenter Palästinenser mit seinen Ausfällen gegen das Land für einen Eklat gesorgt. Der Papst verließ daraufhin vorzeitig das Treffen - schüttelte angeblich dem Palästinenser aber noch die Hand. Ein Vertreter des Judentums verteidigte den Papst.

Nach heftigen Anwürfen gegen den Papst wegen seiner Positionierung zum Holocaust und zum Antisemitismus hat der Vorsitzende des israelischen Holocaust-Dachverbands, Noach Flug, Benedikt XVI. vor Kritik in Schutz genommen. Der Papst sei nicht Präsident einer zionistischen Organisation, sagte Flug dem israelischen Online-Dienst ynet. Daher könne man auch nicht erwarten, dass er wie ein Rabbiner spricht. "Er ist hergekommen, um eine Annäherung zwischen der Kirche und dem Judentum zu bewirken und daher ist sein Besuch als positiv und wichtig einzustufen", sagte Flug, der auch Präsident des Internationalen Auschwitz-Komitees ist.

Am Abend hatte es während eines interreligiösen Dialogs in Jerusalem einen Zwischenfall gegeben: Obwohl er nicht auf der Rednerliste stand, hatte Scheich Taisir Tamimi das Mikrofon ergriffen und Muslime wie Christen aufgefordert, gemeinsam gegen Israel zu arbeiten. Der Vorsitzende der palästinensischen Religionsgerichte warf Israel vor, die Palästinensergebiete in ein riesiges Gefängnis verwandelt zu haben. Er forderte Benedikt auf, "diese Verbrechen" zu verurteilen und Druck auf die israelische Regierung auszuüben.

Der Papst beriet sich kurz mit Vertrauten und verließ anschließend die Versammlung. Laut Jerusalem Post schüttelte Benedikt jedoch vor seinem Weggang noch Taminis Hand. Ein Sprecher des Vatikans wies die Äußerungen des Scheichs dann zurück. Diese stünden der Idee eines Dialogs diametral entgegen.

Der Dialog der Religionen aber kommt nur mühsam in Gang. Benedikt hatte gleich zu Beginn seines fünftägigen Aufenthaltes im Nahen Osten eine politisch schwierige Klippe umschifft. Er sprach sich nicht direkt für einen unabhängigen Palästinenserstaat aus, sondern plädierte dafür, dass "beide Völker in Frieden in ihrer jeweiligen Heimat innerhalb sicherer und international anerkannter Grenzen leben können".

Auch bei seinem Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem in Jerusalem ging er – anders als von vielen Juden erhofft – nicht auf die Rolle der Kirche während der Judenvernichtung zur NS-Zeit ein. Benedikt hatte sich gleichwohl mit klaren Worten gegen das Leugnen, Verharmlosen oder Vergessen des Holocausts gewandt und das tiefe Mitleid der katholischen Kirche mit den Opfern des Holocausts ausgedrückt.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland äußerte sich trotzdem enttäuscht. Sie habe in Yad Vashem "deutliche Worte vom Papst" erwartet, sagte die Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch. Weitere offene Themen wie die Karfreitagsfürbitte, die zur Judenmissionierung auffordere, seien ebenfalls "ausgespart" worden. "Es bleibt zu hoffen, dass diese Themen baldmöglichst klar gestellt werden", sagte Knobloch der Bild-Zeitung. In der ARD sprach sie von einem "Graben zwischen den Juden und dem Vatikan".

Knobloch forderte den Papst auf, die Archive des Vatikans zu öffnen, damit das Verhältnis von Papst Pius XII. in der Nazizeit zu den Juden geklärt werden könne. Nötig ist aus ihrer Sicht zudem eine generelle Entschuldigung für die Verfolgung der Juden auch durch die katholische Kirche in früheren Jahrhunderten.

In Israel wurde der Papst ebenfalls kritisiert. Der Vorsitzende des Jad-Vaschem-Rates und Holocaust-Überlebende, Israel Meir Lau, bemängelte, es hätten Mitgefühl, jegliches Bedauern und jeglicher Schmerz angesichts der fürchterlichen Tragödie der sechs Millionen Opfer gefehlt. Der Oberrabbiner von Tel Aviv kritisierte auch, dass die für "das Gemetzel" verantwortlichen Deutschen und Nazis nicht beim Namen genannt worden seien. Außerdem habe Benedikt gesagt, die Opfer seien "getötet" worden, anstatt "ermordet".

Der Besuch in Jad Vaschem zählte von Anfang an zu den heiklen Höhepunkten der einwöchigen Reise ins Heilige Land. Ein für Israel bislang einmaliges Aufgebot von 80.000 Polizisten und Sicherheitskräften soll das Kirchenoberhaupt in den fünf Tagen seines Besuchs schützen. Zuletzt hatte Benedikts Vorgänger Johannes Paul II. Israel im März 2000 besucht. (dpa)

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