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Vernichtende Vorwürfe. Der bald aus dem Amt scheidende Gates in Brüssel.

© AFP

Nato: Gates kritisiert Bündnispartner harsch

US-Verteidigungsminister Robert Gates hat den europäischen Bündnisstaaten in scharfen Worten mangelndes Engagement in der Nato vorgeworfen und vor einem Niedergang der Allianz gewarnt. Der Einsatz in Libyen offenbare den fehlenden politischen Willen der Europäer.

Brüssel - Der scheidende US-Verteidigungsminister Robert Gates hat die meisten Verbündeten in der Nato wegen zu geringer militärischer Anstrengungen heftig kritisiert. Die Nato sei inzwischen „zweigeteilt“ - in jene, die sich „auf weiche, humanitäre, entwicklungspolitische oder friedensstiftende Aufgaben spezialisieren und jene, die die harten Kampfaufgaben übernehmen“. „Das haben wir heute. Und das ist nicht akzeptabel“, sagte Gates am Freitag in Brüssel bei einer Vortragsveranstaltung.

Der Minister, der am Monatsende aus dem Amt scheidet, sagte, beim Einsatz in Libyen sei der Mangel besonders groß: „Das mächtigste Bündnis aller Zeiten ist nur seit elf Wochen gegen ein schlecht bewaffnetes Regime in einer wenig bevölkerten Region im Einsatz - und schon beginnt vielen Verbündeten die Munition auszugehen. Und die USA müssen wieder einmal einspringen.“ Deutschland nimmt an dem Einsatz nicht teil.

Gates lobte, dass die europäischen Verbündeten beim Einsatz in Afghanistan ihre Anstrengungen erheblich gesteigert hätten. Er mahnte, keines der Nato-Länder dürfe aus nationalen Gründen alleine mit dem Abzug von Truppen beginnen. Afghanistan habe gezeigt, dass der ständige Mangel in den Militärhaushalten der europäischen Staaten Wirkung zeige. Zwar gebe es in Europa zwei Millionen Soldaten in Uniform, doch sei es schwierig, den Einsatz von 45.000 Soldaten aufrechtzuerhalten.

„Der Nato-Einsatz in Libyen offenbart einen noch größeren Mangel an Ressourcen und politischem Willen“, sagte Gates: „Der Einsatz hat breite politische Unterstützung, setzt keine Bodentruppen Gefahren aus und ist von entscheidender Bedeutung für europäische Interessen.“ Obwohl alle 28 Nato-Mitglieder für den Militäreinsatz gestimmt haben, nehme aber nur die Hälfte überhaupt teil, bei den Kampfeinsätzen seien es weniger als ein Drittel. „Offen gesagt, manche, die vom Rand her zuschauen, tun das nicht, weil sie nicht teilnehmen wollen, sondern weil die militärischen Fähigkeiten einfach nicht da sind.“ Der US-Minister warnte, 20 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer sei der Anteil der USA an den Verteidigungsausgaben der Nato von früher 50 auf mittlerweile 75 Prozent gestiegen. Dafür könne die politische Unterstützung in Washington verloren gehen. „Die traurige Wirklichkeit ist, dass es einen abnehmenden Wunsch im US-Kongress geben wird, zunehmend knappe Mittel für Staaten auszugeben, die offenkundig nicht willens sind, die nötigen Ressourcen selbst bereitzustellen.“ Die Nato-Sprecherin Oana Lungescu sagte, es gebe „eine ständige Sorge über den transatlantischen Unterschied bei den Verteidigungsausgaben“.

Unterdessen wird Norwegen als erstes Land seine Beteiligung am Libyen-Einsatz der Nato beenden. Die norwegische Luftwaffe stehe nur noch bis zum 1. August mit bis zu vier Kampfflugzeugen für die Angriffe bereit, teilte das Verteidigungsministerium in Oslo am Freitag mit. Als Land mit einer vergleichsweise kleinen Luftwaffe könne sich Norwegen nicht „über einen langen Zeitraum“ an einem Einsatz beteiligen, erklärte Verteidigungsministerin Grete Faremo. Am Donnerstag war bekannt geworden, dass der dänischen Armee die Bomben für ihre F-16-Kampfflugzeuge ausgehen. (dpa)

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