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Neubau in Berlin: Gestohlene BND-Baupläne: "Fast ein Stück Realsatire"

Nach dem Verschwinden von Bauplänen der BND-Zentrale ist die Größe des Schadens nicht absehbar. Schon werden wieder Zweifel an der Professionalität der Truppe laut.

Von Robert Birnbaum

Berlin - Wolfgang Bosbach weiß erstens nichts, vor allem aber zweitens nicht so recht, ob er nun lauter lachen oder weinen soll. Bosbach ist zwar Vorsitzender des Innenausschusses im Bundestag, aber kein Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGR) und hat darum bisher auch nur aus der Zeitung erfahren, dass jemand dem Bundesnachrichtendienst Pläne seines Neubaus in Berlin entwendet hat. „Das ist ja fast ein Stück Realsatire, wenn einem Geheimdienst geheime Unterlagen gestohlen werden“, sagt der CDU-Politiker.

Nur leider sei das im konkreten Falle „gar nicht lustig“. In den falschen Händen könne so ein Bauplan die Sicherheit des Dienstes beeinträchtigen. Eine Sicht der Dinge, die die Bundesregierung teilt. „Das ist ein ernst zu nehmender Vorgang“, lässt Regierungssprecher Steffen Seibert wissen, und dass eine Untersuchungskommission eingesetzt worden sei, die erst einmal prüfen soll, ob die dem „Focus“ zugespielten Pläne denn überhaupt echt seien. Wenn ja, müsse man erkunden, wie viel verschwunden sei und wer Zugang dazu hatte.

Wolfgang Neskovic könnte einiges wissen, denn er sitzt für die Linke im PKGR. Sagen darf er darüber nichts. Aber dass ein solcher Umgang mit sensiblen Informationen „grobe Schlamperei“ wäre, und dass man nur schwer verstehen könne, wieso diese Pläne nur mit der niedrigsten Geheimhaltungsstufe eingestuft worden seien – diese Kritik steht ihm frei.

Tatsächlich ist vieles an der Sache kaum zu verstehen. Nicht ganz klar ist zum Beispiel, wieso die Geschichte jetzt erst bekannt wird, obwohl der Pläne- Klau schon ein Jahr zurückliegen soll. Bosbach mag sich gar nicht ausmalen, was es bedeuten würde, wenn der BND davon gewusst und die Sache zu vertuschen versucht hätte: „Das wäre der dickste aller Hunde“, sagt er. Aber auch so sei der Vorfall ein „herber Rückschlag“ für die Bemühungen des Auslandsspionagedienstes, den Ruf der Trotteltruppe abzustreifen, die mit der Geheimhaltung bloß sich selber vor dem Offenbarungseid beschützt. An dem Ruf hat die Politik fleißig mitgearbeitet – von Konrad Adenauer bis Helmut Kohl ist viel Spott überliefert über die Schlapphüte, Helmut Schmidt hat sie Dilettanten genannt. Auch dass ein vom BND zeitweise als Quelle geführter Aufschneider mit Märchenerzählungen von Saddam Husseins rollenden Chemiewaffenlabors den Irak-Krieg mit auslöste, ist vielen noch allzu gut in Erinnerung.

Was Wunder, dass Neskovic auch jetzt wieder Zweifel an der Professionalität des Dienstes anmeldet. Die Opposition hat aber zugleich Fragen an die Bundesregierung. Der Verkehrsminister Peter Ramsauer von der CSU zum Beispiel, fordert SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann, müsse reagieren – schließlich habe er die Aufsicht über das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, das den BND-Neubau betreut.

Wie groß der materielle Schaden ist, ist bei alledem noch gar nicht absehbar. Doch viele fürchten: Sehr groß. Wenn die Pläne wirklich seit einem Jahr irgendwo durch die Welt geistern, ist vermutlich seither vieles, was dort drauf stand, längst solide in Beton gegossen worden. Ein Umbau käme also doppelt teuer. Schon jetzt liege der Bau mit mehr als einer Milliarde Euro beim Doppelten der ursprünglichen Kosten, rechnet Bosbach vor. Ein Umbau könnte hunderte Millionen zusätzlich verschlingen.

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