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Politik: Neue Ebene im Verhältnis von Christen und Juden

Vatikan trifft erstmals deutsche Rabbinerkonferenz

Berlin - Das Treffen zwischen Vertretern der deutschen Rabbinerkonferenz und des Vatikans am Donnerstag in Berlin war nicht nur für beide Seiten ein sehr bewegendes Ereignis, sondern auch ein historisches. Denn bislang führten die Kirchen den offiziellen Dialog ausschließlich mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland geführt, mit der sozusagen säkularen jüdischen Spitzenorganisation. Auch in theologischen Fragen wurde der Zentralrat konsultiert, was viele Rabbiner als Kränkung empfunden haben.

Durch die am Donnerstag vereinbarte Zusammenarbeit mit den Rabbinern erhält die christlich-jüdische Verständigung 60 Jahre nach dem Holocaust zur politischen eine neue, eine theologische Dimension. Gleichzeitig wird der Zentralrat künftig in dem Dialog nicht mehr die singuläre Rolle spielen, die er bisher innehatte. An der Begegnung in der Katholischen Akademie nahmen der Vorsitzende der Rabbinerkonferenz in Deutschland, Henry G. Brandt, sowie 23 weitere orthodoxe und liberale Rabbiner und eine Rabbinerin teil, auf christlicher Seite der Präsident der Vatikanischen Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum, Kardinal Walter Kasper, sowie der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber.

Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil vor 40 Jahren gelten die Juden für die katholische Kirche als die „älteren Brüder“. „Wir können das Christentum nicht definieren, ohne auf das Judentum Bezug zu nehmen“, sagte Kardinal Walter Kasper. Das Judentum gehöre zur christlichen Identität. Wie antisemitische Übergriffe immer wieder zeigten, seien aber auch in Zukunft Anstrengungen nötig, um diesem Gedanken Geltung zu verschaffen. Und trotz aller Fortschritte stehe man in der christlich-jüdischen Verständigung „immer noch am Anfang“. Es gebe eine Fülle von Problemen in der historischen Aufarbeitung des Verhältnisses und in der theologischen Bewertung. Eine zentrale Frage ist, wie der von der katholischen Kirche immer wieder bekräftigte universale Heilsanspruch Jesu Christi zu deuten ist.

Die Begegnung der Rabbiner mit den Bischöfen sei ein Durchbruch, sagte Henry G. Brandt, der Vorsitzende der deutschen Rabbinerkonferenz. „Das Rabbinat Deutschlands wird endlich als präsent und zuständig angesehen.“ Brandt bat die christlichen Vertreter um Geduld. Es gebe so wenig deutsche Rabbiner, dass die Hauptarbeit bei der Annäherung zwischen den Religionen von den christlichen Partnern geleistet werden müsse.

Claudia Keller

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