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Neuer Flughafen für Afghanistan: Drehkreuz des Nordens

Am Hauptquartier der Bundeswehr in Afghanistan wird mit deutschem Entwicklungsgeld ein neuer Flughafen gebaut – für den wirtschaftlichen Aufschwung.

Den Satz genießt er ausgiebig, so eine Vorlage lässt man nicht liegen: „Wir werden vor Berlin fertig“, grinst Thomas Herzberg, 43, Projektleiter und Vertreter der KfW-Entwicklungsbank im Norden Afghanistans. Er meint den internationalen Flughafen in Masar-i-Scharif. Dass auch der afghanische Airport eigentlich schon im Januar fertig sein sollte, erwähnt er nicht. Im September wollen sie das größte deutsche Entwicklungsprojekt in Afghanistan an den Staat übergeben. Der Brandschutz war auch hier ein großes Thema – mehr als ein Jahr lang haben sie daran getüftelt, sagt Baukontrolleur Mirwaiz Hamidy. Der kleine Mann mit Brille und kariertem Hemd ist in Afghanistan geboren, hat in den 80er Jahren in Weimar studiert, ist dort geblieben. Während des Baus sieht er die Familie daheim nur alle paar Monate.

36,5 Millionen Euro lassen sich die Deutschen das Prestigeprojekt in Sichtweite des Camps der Isaf-Schutztruppe kosten, weitere 11,5 kommen aus Abu Dhabi. 400 000 Passagiere und kräftig Cargo aus dem ganzen Norden sollen pro Jahr befördert werden. Der alte lachsfarbene Terminal bewältigt immerhin 120 000 Fluggäste, ist aber offenbar seit Jahrzehnten nicht saniert worden, und für Männer wie Frauen gibt es nur eine Toilette, die bestialisch stinkt. Nun soll es nebenan sogar Vip-Bereiche geben.

Masar ist das Handelszentrum der Region und weit darüber hinaus wichtig, der Airport soll zentrales Drehkreuz nach Kundus, Taloqan und Faizabad werden und die hier durchaus wachsende Wirtschaft weiter ankurbeln. Bisher ist es bis Kabul eine Tagesfahrt.

Noch wird kräftig Zement gemischt, gesägt, gebohrt, gepinselt. 350 Männer, überwiegend Afghanen, arbeiten unter dem geschwungenen Dach an der lichten Konstruktion mit viel Glas und Ausblick auf den Hindukusch. In der Haupthalle strahlt schon ein Teil der Inneneinrichtung unter Planen: Die Gepäcksortieranlage kommt aus Deutschland, die Feuertüren auch, erzählt Nebil Ozturk von der türkischen Baufirma Aydeniz. Dafür wurden zehn Millionen Euro ausgegeben. Auch die nach einigen Querelen mit dem Zoll endlich eingetroffene Towerkabine ist aus Deutschland. Über Geld reden sie nicht so gern, hohe Summen könnten zu Korruption verleiten.

Werner Englmann, in Osnabrück pensionierter Fluglotse mit deutlich bayerischem Akzent, kümmert sich als Berater der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit um die Ausbildung der Fluglotsen. Der 58-Jährige kommt alle paar Monate für einige Wochen nach Masar. Er schwärmt von den jungen Männern zwischen 19 und 24: „Sie sind ihren europäischen Kollegen mehr als ebenbürtig, ich wundere mich manchmal, wie viel die wissen.“ Er würde sofort alle einstellen, wenn er es zu entscheiden hätte.

Frauen?

Keine Frauen. „Hier ist noch Land“, sagt Englmann. „Hier sieht man draußen nur Burkas rumlaufen.“

Allerdings ist auch unter den jungen Männern von den ursprünglich 228 Anwärtern nur noch ein harter Kern übrig. Etwa ein Dutzend. 47 hatten Aufnahme geschafft, nach der Englischausbildung blieben noch 40. 18 haben die Grundlagen-Prüfung absolviert. Andere entschieden sich für den schnellen Afghani und heuerten als Dolmetscher bei den Amerikanern an. Ausländische Hilfsorganisationen zahlen sehr viel mehr als staatliche Stellen. Darum sind Gespräche im Gange, dass die Lotsen gut bezahlen werden – ihr Job ist überall auf der Welt gefragt.

Trotz der Hemmnisse ist Herzberg optimistisch, dass die zivile Hilfe nach dem Truppenabzug 2014 weitergeht. Er wohnt mit Kollegen in einer WG, geht in Masar einkaufen. „Wir sind in der Bevölkerung verankert. Wir machen weiter, so lange es notwendig ist.“

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