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Politik: Neuer Zündstoff für den Kaukasus

Nach Putins Gesetzesinitiative werden die russischen Gouverneure von Moskau vorgeschlagen

Von Elke Windisch, Moskau Viele fühlten sich an Sowjetzeiten erinnert: Zehntausende Arbeiter gingen auf die Straße, um ihre Zustimmung für die Initiativen des Kreml zu demonstrieren. In diesem Fall ging es um Putins umstrittenen Vorstoß, die bisher direkt gewählten Chefs der 89 russischen Regionen künftig auf Vorschlag Moskaus durch die Parlamente der Teilrepubliken bestätigen zu lassen. Initiiert hatte die landesweiten Demonstrationen die Kremlpartei „Einiges Russland“, die über mehr als 300 der insgesamt 450 Mandate verfügt. Wenig verwunderlich, dass die Duma am Freitag schließlich mit 365 zu 63 Stimmen für Putins Vorschlag stimmte.

Ebenso glatt passierte eine weitere Vorlage die Duma, nach der zu künftigen Wahlen nur Parteien zugelassen werden, die mindestens 50 000 Mitglieder haben. Bisher genügten 10 000. Das trifft vor allem die derzeit nicht mehr in der Duma vertretene demokratische Opposition: die sozialliberale JablokoPartei und deren neoliberales Pendant, die „Union der Rechten Kräfte“.

Beide Parteien hatten zu Protesten gegen die geplanten Gesetzesänderungen aufgerufen. Dem gefolgt waren in Moskau lediglich 300 Menschen, in der Provinz noch weniger. Und das, obwohl sich die Mehrheit der Bevölkerung in Umfragen gegen die Vorlagen ausspricht, die auch nach Meinung vieler Beobachter gegen den Verfassungsgrundsatz verstoßen, wonach alle Macht vom Volk ausgeht. Die Abgeordneten der Regionalparlamente, konterte dagegen der Chef der Partei Putins, Boris Gryslow, seien direkt gewählt worden, und ihre Zustimmung für die vom Kreml ernannten Gouverneure repräsentiere daher den Wählerwillen. Auch seien die Provinzchefs gleichzeitig Leiter der regionalen Anti-Terror-Kommissionen, würden dem häufig aber nicht gerecht werden.

Gryslow spielte damit offenbar auf das Geiseldrama in der Schule von Beslan in Nordossetien und zwei Flugzeugabstürze Ende August an, die tschetschenischen Extremisten zugeschrieben werden und bei denen insgesamt mehr als 400 Menschen ums Leben kamen.

Ob der Kreml bei der Terrorismusbekämpfung mit dem Verzicht auf letzte Restposten des Föderalismus mehr Erfolg hat als bisher, bleibt abzuwarten. Vor allem im Nordkaukasus, dessen Probleme nicht mit weniger, sondern nur mit mehr innerer Autonomie zu lösen sind. Und mit Verwaltungschefs, die Rückhalt in der Bevölkerung haben und ihre Region auch selbst gut kennen. Im Nordkaukasus ist aber bereits der zweite von Putin ernannte Generalgouverneur faktisch daran gescheitert: Wladimir Jakowlew, der einst glücklos als Vizepremier die Wohnungswirtschaft reformieren sollte und jetzt wenig erfolgreich in einer kugelsicheren Festung regiert.

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