zum Hauptinhalt
Zypries

© dpa

Neues BKA-Gesetz: Schnüffeln, hacken, spähen

Erstmals in seiner Geschichte soll das Bundeskriminalamt präventiv gegen den internationalen Terrorismus vorgehen dürfen. Besonders umstritten: Die Online-Durchsuchung. Die Koalition brachte am Freitag das BKA-Gesetz in den Bundestag ein. Die Opposition hält wenig von der Novelle und droht mit Verfassungsklage.

Das BKA-Gesetz sieht vor, dass Beamte des Bundeskriminalamts (BKA) künftig bei schweren terroristischen Gefahren heimlich Computer durchsuchen und per versteckter Kamera Wohnungen ausspähen dürfen. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) hatten sich nach monatelangen Beratungen auf den jetzt vorliegenden Entwurf verständigt.

Wer entscheidet über Online-Durchsuchungen?

Die Union wollte ursprünglich, dass Polizeibeamte heimlich in Wohnungen eindringen dürfen, um Spionagesoftware auf dem Computer eines Verdächtigen zu installieren. Laut Gesetzentwurf sollen jetzt zwei BKA-Beamte kontrollieren, ob der Kernbereich privater Lebensführung bei heimlichen Durchsuchungen privater Computer gewahrt wird. Vielen in der SPD reicht das aber noch nicht aus. Sie wollen, dass ein unabhängiger Richter über die Online-Durchsuchungen entscheiden muss.

Justizministerin Zypries sagte allerdings dazu: "Nach dem Vorschlag des Innenministers muss einer der beiden BKA-Beamten ohnehin die Befähigung zum Richteramt haben." Gebe es Zweifel, müsse "sowieso ein Gericht entscheiden, ob die Daten verwertet werden dürfen oder sofort zu löschen sind. Ob man darüber hinaus von vornherein einen Richter damit befassen muss, werden wir diskutieren. Das ist aber letztlich kein großer Dissens."

Schäuble beschwichtigt

Bei der heutigen ersten Lesung im Bundestag sagte Schäuble, das Gesetz greife nur in engen Grenzen in die Privatsphäre der Bürger ein. "Wir sollten aufhören, den Eindruck zu erwecken, dieser Staat überwache seine Bürger", so der Innenminister. Er wies ebenso wie der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz darauf hin, dass dem Bundeskriminalamt (BKA) nur Befugnisse übertragen würden, die derzeit die Polizei in den Ländern innehabe. Redner von FDP, Linken und Grünen warnten dagegen vor mehr staatlicher Überwachung, etwa durch die geplante Online-Durchsuchung.

Die FDP wandte sich gegen eine Vermischung der Kompetenzen von Polizei und Geheimdiensten. Der FDP-Innenexperte Max Stadler kritisierte auch, dass Betroffene nicht einmal im Nachhinein über Online-Durchsuchungen informiert werden sollten. Gisela Piltz (FDP) warf in diesem Zusammenhang der SPD einen "Schlingerkurs" vor, weil sie einerseits Kritik übe, dann aber im Bundestag die Vorlage Schäubles "abnickt".

"Neuer Geheimdienst ohne parlamentarische Kontrolle"

Der Grünen-Abgeordnete Wolfgang Wieland bezeichnete das neue Gesetz als "überflüssig" und warnte vor einer neuen "Monsterbehörde". Die große Koalition schaffe damit "eine neue Art von Polizei, die gleichzeitig ein neuer Geheimdienst ist", nur dass das BKA ohne wirksame parlamentarische Kontrolle bleibe. Ulla Jelpke (Linke) warf Union und SPD vor, ihnen gehe es "um die allumfassende Überwachung der Bürger". Betroffen seien "nicht nur Terroristen, sondern wir alle". Im Rahmen der Online-Durchsuchung könnten auch intime Daten kopiert werden. Geschaffen werde eine "geheim ermittelnde Staatspolizei", kritisierte sie in Anspielung auf die politische Polizei der Nazis, die Gestapo.

Ex-Innenminister Gerhart Baum will möglicherweise vor dem Verfassungsgericht gegen das BKA-Gesetz vorgehen. "Ich sehe voraus, dass wir wieder nach Karlsruhe müssen", kündigte der FDP-Politiker im Deutschlandfunk an. Konkret diskriminiere der vorliegende Entwurf Geistliche und vermenge Kompetenzen von Bund und Ländern, "bis am Ende nicht mehr klar ist, wer zuständig ist", sagte Baum. Zudem bliebe die Trennung zwischen Nachrichtendienst und Polizei nicht gewahrt. (svo/AFP/dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false