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Politik: Nicht frei von Schadenfreude

Wahlabend in den Zentralen: SPD-Chef Kurt Beck ist guter Laune, bei der CDU herrscht schlechte Stimmung, die Grünen hoffen

Berlin - Es ist Kurt Becks erster Wahlabend als SPD-Vorsitzender, und wenn man den Berichten aus der Parteiführung glauben darf, dann macht ihm die Sache schon früh richtig Spaß. Beck, sein Generalsekretär Hubertus Heil und andere Spitzengenossen sitzen im Vorsitzenden- Büro im fünften Stock des Willy-Brandt- Hauses vor dem Fernseher. Es ist 18 Uhr 20 – nach den ersten Hochrechnungen kann die SPD in Berlin mit Zugewinnen rechnen und wird in Mecklenburg-Vorpommern trotz großer Verluste weiter den Ministerpräsidenten stellen. Aber es kommt noch besser. Auf dem Bildschirm taucht Dirk Niebel auf. Die FDP, tönt ihr Generalsekretär, sei Deutschlands einzige gesamtdeutsche Oppositionspartei. „Das könnt ihr auch bleiben!“ ruft Beck.

Überhaupt herrscht in der SPD-Zentrale an diesem Abend jene Sorte Heiterkeit, die nicht nur den eigenen Ergebnissen, sondern auch denen der Konkurrenz geschuldet ist. Für schadenfrohe Lachsalven unter den SPD-Anhängern sorgt zum Beispiel Friedbert Pflüger mit der in der Tat eigenwilligen Interpretation, die Berliner CDU sei mit knapp 22 Prozent „wieder da“. Auch Becks Deutung der Ergebnisse ist keineswegs frei von Schadenfreude. Die Stimmverluste der PDS in Berlin seien ein eindeutiger „Lafontaine-Malus“. Und: Es habe für die CDU „in keinem der beiden Länder einen Kanzlerbonus gegeben“, auch nicht in Mecklenburg-Vorpommern, sagt Beck, „dem Heimatland der Kanzlerin“.

Drüben bei der CDU wäre so eine Spitze, über den TV-Schirm ins Foyer des Adenauer-Hauses übertragen, ein sattes „Buh“ wert. Aber drüben bei der CDU läuft eine sonderbare Wahlparty. Das Publikum, meist Junge Union, schweigt. Es schweigt bei den Hochrechnungen, und fast hätte es auch schweigend den Generalsekretär Ronald Pofalla angehört, wenn nicht einer doch noch angefangen hätte zu klatschen. Rot-Rot, sagt Pofalla da gerade, sei der Wahlverlierer. Und sonst? „Die Berliner CDU hat weiter an Stimmen verloren.“ Pofalla sieht so aus, als würde er am liebsten „schade“ sagen.

Während es bei der CDU um Schadensbegrenzung geht, feiern die Grünen einen Sieg, vom dem sie noch nicht wissen, ob er er sie wirklich an die Macht bringt in Klaus Wowereits neuem Senat. Wenigstens in eine der 16 Landesregierungen zurückzukehren – das war ihr Ziel. Es ist jetzt näher gerückt, so nah, dass eine aufgekratzte Parteichefin Claudia Roth von einem „eindeutigen Votum für Rot-Grün mit Betonung auf Grün“ spricht. Ihr Co-Vorsitzender Reinhard Bütikofer hofft, dass eine Regierungsbeteiligung in der Hauptstadt alle Abgesänge auf die Grünen Lügen strafen wird. Aber darüber entscheiden nicht die Grünen, sondern Wowereit. bib/has/hmt

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