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Auf diesem Archivbild ist zu sehen, wie im Hafen von Mukran auf Rügen ein Küstenschutzboot für Saudi-Arabien auf ein Transportschiff verladen wird.

© dpa/Stefan Sauer

„Nicht länger unsere Partner vergrätzen“: FDP kämpft für mehr Rüstungsexporte

Das grüne Wirtschaftsministerium erarbeitet ein Rüstungsexportkontrollgesetz, das der FDP nicht weit genug geht. Sie will keine Einschränkungen mehr für „Wertepartner“ wie Indien.

Die Zeitenwende soll endgültig auch bei Rüstungsexporten ankommen – und das nicht nur bei der umfangreichen Waffenhilfe für die Ukraine.

Die Liberalen fordern eine radikale Abkehr von der bis vor einem guten Jahr geltenden Rüstungsexportpolitik Deutschland, die Alexander Müller als verteidigungspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion so zusammenfasst: „Wenn die Möglichkeit besteht, dass die exportierte Waffe einmal eingesetzt werden könnte, dann wird der Export verboten.“

Damit könnte bald Schluss sein. Ganz anders noch im Koalitionsvertrag mit SPD und Grünen vereinbart, der nach Ansicht des Freidemokraten „noch sehr stark auf Rüstungskontrolle, Abrüstung und die Verringerung von Rüstungsexporten“ setzte, sollen in der künftigen Gesetzgebung Lehren aus dem russischen Angriffskrieg im Mittelpunkt stehen.

In dessen Verlauf die Bundesrepublik erstmals in großem Umfang ein im Krieg befindliches Land beliefert hat. „Wir haben erkannt“, so Müller, „dass wir auch strategische Interessen haben beim Waffenexport: Verteidigt sich die Ukraine erfolgreich, so gewinnt die Sicherheit Europas insgesamt an Stabilität.“

Die militärische Unterstützung der Ukraine ist im Grundsatz nicht mehr umstritten in der Ampel, das ist allenfalls Art und Umfang derselben. Wohl aber gibt es Meinungsverschiedenheiten darüber, wie mit anderen Staaten umgegangen werden soll, die nicht Nato oder EU angehören.

Die Grünen bewegen sich schon

Zwar betonte Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold (Grüne), der federführend das künftige Rüstungsexportkontrollgesetz vorbereitet, kürzlich im Tagesspiegel, man stelle darin „viel deutlicher als bisher klar, dass wir sehr bewusst Rüstungsexporte in Drittländer genehmigen, mit denen wir Grundwerte und Sicherheitsinteressen teilen“. Einschränkend erklärte er aber, es werde auch künftig „immer bei Einzelfallentscheidungen bleiben“.

Die FDP hingegen verlangt ein noch sehr viel klareres Bekenntnis zu Waffenexporten an Kooperationspartner weltweit. Es gehe darum, so ihr Verteidigungspolitiker Müller, „ob wir weiter Wertepartner vergrätzen wollen oder in einer multipolaren Welt inmitten der Bildung neuer Kooperationsblöcke nicht aktiv versuchen sollten, Partner an uns zu binden“. Dies sei für Lieferketten und gemeinsamen Klimaschutz ebenso wichtig wie für die politische Eindämmung Russlands.

Die größte Demokratie der Welt ist ein großer Zwischenhändler für russisches Öl, und das auch deshalb, weil wir sie mit unserer Arroganz vor den Kopf stoßen.

Alexander Müller, FDP-Verteidigungspolitiker, über Rüstungsexporte nach Indien

Als Beispiel hebt der Liberale zwei Länder hervor. „Indonesien fliegt den Airbus A400M, wartet aber seit Monaten auf Ersatzteile, weil die Bundesregierung die Exportanträge nicht entscheidet“, so Müller: „Indien bekommt von Deutschland keine Waffen, ist daher auf russische Exporte angewiesen“ – auch deshalb verurteile die Regierung in Neu-Delhi den russischen Angriffskrieg bei den Vereinten Nationen nicht mit, sondern enthalte sich bei der Abstimmung. „Die größte Demokratie der Welt ist ein großer Zwischenhändler für russisches Öl“, ergänzt Müller, „und das auch deshalb, weil wir sie mit unserer Arroganz vor den Kopf stoßen.“

Fast einig bei Europa

Als „gute Grundlage“ für eine koalitionsinterne Einigung sieht er dagegen den Vorschlag aus dem Wirtschaftsministerium, dass bei europäischen Gemeinschaftsprojekten wie dem Militärtransporter A400M oder dem Kampfjet Eurofighter „unter den beteiligten Herstellernationen künftig mit Mehrheit über einen Export entschieden wird – je nach Anteil am fraglichen Rüstungsgut“ – so hatte es Giegold dem Tagesspiegel gesagt. 

Dem FDP-Verteidigungspolitiker schwebt ebenfalls „ein europäisches Gremium“ vor, „damit die Staaten der EU frei von Streitigkeiten untereinander kooperieren können und kein Land bei solchen Projekten ausgeschlossen wird“.

Aus seiner Sicht besteht hier ebenfalls großer Handlungsbedarf, weil andere „Beteiligte genervt sind von der strengen deutschen Haltung“. Im Ergebnis würden „wir Deutschen in neuen Kooperationsprojekten ungern gesehen“.

Ohne nennenswerte Stückzahlen, die nur durch Export zu erreichen seien, lohne sich oft der Entwicklungsaufwand für neue Waffensysteme nicht. Dann müsse laut Müller „entweder der Staat erhebliche Entwicklungskosten bezuschussen“ oder die Produktion werde ganz aufgegeben, „und wir müssen außerhalb der EU einkaufen, verlieren in Europa die Expertise“.

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