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Politik: Nicht rühren!

Präsidentschaftskandidat Kerry hält die Truppenverlegung für ein falsches Signal an die Verbündeten

Natürlich ließ sich John Kerry die Chance nicht entgehen. Für sein Vorhaben, sich als neuer Oberbefehlshaber im Kampf gegen den Terror zu präsentieren, kommen ihm die Pläne des Weißen Hauses zum Truppenabzug in Europa und Asien gerade recht. An der Stelle, an der Präsident George W. Bush am Montag angekündigt hatte, die USA wollten 70 000 Soldaten und 100 000 Angehörige vorwiegend aus Deutschland und Südkorea in die Heimat verlegen, kritisierte der demokratische Präsidentschaftskandidat die Pläne scharf.

Dadurch würden die Beziehungen zu dringend benötigten Alliierten unterhöhlt, sagte Kerry vor Kriegsveteranen in Cincinnati. Dies sei klar das „falsche Signal zur falschen Zeit“. Die USA kämpften gegen das Al-Qaida-Netzwerk, das sich über 60 Staaten auf der ganzen Welt erstrecke. Er werde als US-Präsident die Verbündeten im Kampf gegen den Terrorismus und auch im Irak stärker einbinden können, als dies Bush gelungen sei. „Wir werden die Lasten mit unseren Verbündeten teilen“, betonte Kerry. Ein Abzug würde die globale Präsenz der USA gefährlich verringern.

Kerry kritisierte vor allem auch die Rückzugsabsichten aus Südkorea: „Nordkorea hat wirklich nukleare Waffen – wieso also wollen wir, während wir verhandeln, 12 000 Soldaten ohne jede Gegenleistung zurückziehen?“ Auch die von Bush geltend gemachten ökonomischen Vorteile der größten geopolitischen Umstrukturierung seit Ende des Kalten Krieges bezweifelte er. Dazu zitierte Kerry ein Gutachten des Kongress-Haushaltsausschusses. Demnach würde eine Truppenverlegung in diesem Ausmaß zunächst sieben Milliarden Dollar kosten. Langfristig sehen die Haushälter dann Einsparungen von einer Milliarde Dollar jährlich.

Auch amerikanische Militärexperten kritisierten die Pläne Bushs. „Ich könnte mir keinen schlechteren Zeitpunkt vorstellen, Truppen aus Südkorea abzuziehen, wenn wir im gleichen Augenblick Nordkorea zwingen wollen, sein Atomwaffenprogramm aufzugeben“, sagte Daniel Christman, General im Ruhestand. Andere Experten sprangen dem Präsidenten bei. „Ich denke, die Truppenverlegung in Übersee ist seit langem überfällig“, sagte Loren Thompsen vom Lexington Institut, „mindestens ein oder zwei Jahrzehnte.“

US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld scherzte: „Wir erwarten keinen sowjetischen Panzerangriff in der norddeutschen Tiefebene mehr.“ Der Truppenabzug mache strategisch und ökonomisch Sinn. Daran ändere auch die nukleare Bedrohung nichts, die von Nordkorea ausgehe. Der technologische Fortschritt und die wachsende Rolle Südkoreas könnte die Truppenreduzierung ausgleichen, sagte er.

Unterstützung erhielt Bush auch von der Nato. Die Allianz habe volles Verständnis für die Position der USA, die auch in Einklang mit der des Bündnisses stehe, wonach mehr Gewicht auf flexiblere und mobilere Truppen gelegt werden müsse, sagte Nato-Sprecher Robert Pszczel in Brüssel.

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