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Politik: Nichts Böses hören, nichts Böses sehen

Eine Aktennotiz empfahl Premierminister Blair, sich bei Fragen nach CIA-Gefangenenflügen auf allgemeine Formeln zu beschränken

Hat die britische Regierung auf Fragen nach den so genannten Terrorflügen der amerikanischen CIA nur halbe Antworten gegeben? Diesen Verdacht wirft eine dem Magazin „New Statesman“ zugespielte Aktennotiz aus dem britischen Außenministerium auf. Schon sah sich Außenminister Jack Straw gezwungen, dem Parlament eine weitere schriftliche Stellungnahme zu den Vorwürfen zuzuleiten. Auch Premier Blair wird sich in seiner monatlichen Pressekonferenz am Montag dazu äußern müssen.

Denn das Papier rät, bei Fragen nach den CIA-Flügen „nicht auf Details“ einzugehen. Das hat den Verdacht geschürt, dass die Regierung Bemühungen des Parlaments, der Sache auf den Grund zu gehen, nicht besonders unterstützt. „Nichts Böses sehen und nichts Böses hören“ sei die Devise, schimpfte der britische Europaabgeordnete Sajjad Karim. Das Europaparlament hat einen Untersuchungsausschuss gebildet und will wissen, was europäische Regierungen wussten.

Der „New Statesman“ berichtete vor 18 Monaten zum ersten Mal über die geheimnisvollen „Rendition-Flüge“, mit denen angeblich CIA-Gefangene zu Verhören und vielleicht sogar Folterungen in Länder außerhalb des US-Rechtsbereichs geflogen worden sein sollen. Nun ist das Magazin im Besitz eines vierseitigen Briefing-Papiers des Außenministeriums, das Blair Hinweise für die Fragestunde am 7. Dezember gab.

Blair scheint sich an den Rat gehalten zu haben, statt auf „Details“ lieber auf die überragende Bedeutung der Zusammenarbeit mit den USA im Kampf gegen den Terrorismus einzugehen. Auf die Frage des damaligen Liberalenchefs Charles Kennedy, was er von den über 400 Rendition-Flügen wusste, die auf britischen Flughäfen zwischenlandeten und wann er das genehmigt habe, antwortete Blair: „Ich weiß nicht, worauf sich der ehrenwerte Gentleman bezieht.“

Zwei weitere Punkte werfen nun Fragen auf. Einmal die klare Feststellung, dass nicht nur solche CIA-Gefangenen- Flüge, sondern auch jede britische Kooperation in dieser Sache illegal wäre. Dann heißt es, die Suche nach eventuellen US- Anfragen gehe weiter. Papiere deuteten aber darauf hin, dass es mehr als die beiden Fälle von 1998 gegeben haben könnte, die Außenminister Straw damals genannt hatte. „Zum jetzigen Zeitpunkt können wir nicht sagen, dass wir keine Bitten erhalten haben, UK-Flughäfen oder UK-Lufthoheitsraum für so genannte außerordentliche Übergabeflüge zu benutzen“, schreibt der Memo-Verfasser.

Das Memo enthalte „nichts Neues" und sei durch spätere Aussagen von Blair und Straw überholt, sagte der Sprecher des Premiers. Dass Blair aus der Sache ein Strick gedreht werden kann, scheint zweifelhaft – und das nicht nur weil die britischen Medien wenig Interesse an dem Thema haben. Denn wie fein die Linie zwischen nicht wissen und nicht wissen wollen ist, muss sogar der „New Statesman“ einräumen. Die Regierung, schreibt das Magazin feinsinnig, „vertuscht nicht so sehr, was sie wusste, sondern das, was sie nicht weiß“.

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