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Doris Schröder-Köpf im Februar mit geflüchteten Kindern in Friedland.

© Swen Pförtner/dpa

Niedersachsen: Sturmfest, erdverwachsen und ganz schön bunt

Niedersachsens Migrationsbeauftragte Doris Schröder-Köpf erklärt ihre Wahlheimat als Einwanderungsland - und macht etwas Werbung für ein neues Museum.

Wenn, ja wenn gleiches Leid wirklich geteiltes Leid wäre oder, in neuerem Deutsch, Empathie erzeugte, dann müsste Hannover eigentlich Hauptstadt deutscher Willkommenskultur sein: Als Niedersachsen 1946 gegründet wurde, waren mehr als ein Viertel seiner Bevölkerung, 27 Prozent, Flüchtlinge und Vertriebene, der höchste Länderanteil überhaupt. Friedland, der Name des kleinen Orts bei Göttingen mit dem „Grenzdurchgangslager“, war jahrzehntelang die Chiffre fürs Ankommen nach Flucht und Verfolgung, erst für die deutsche Heimatlosen und entlassenen Kriegsgefangenen, dann für Spätaussiedler, verfolgte Chilenen, vietnamesische Boat People und jüdische Kontingentflüchtlinge aus der früheren Sowjetunion. In diesem März wird Friedland Museum – und nimmt eine Tür weiter immer noch syrische Geflüchtete auf.

"Auch Ungarn kamen nach Friedland"

Doris Schröder-Köpf erzählte diese Geschichte am Montagabend in der Berliner Landesvertretung von Niedersachsen. Die gelernte Journalistin, spätere Landesmutter und Kanzlergattin, ist inzwischen Landtagsabgeordnete und Migrationsbeauftragte von Niedersachsen. Sie weiß natürlich, dass das mit dem Willkommen so einfach nicht ist, selbst wenn man, so die Bayerin über ihre Wahlheimat, „Migration in der DNA hat“. Nach dem Aufstand von 1956 kamen schließlich auch Ungarn nach Friedland. „Vielleicht sollte man die Ungarn mal daran erinnern.“
Jochen Oltmer weiß, warum das eher nicht nützen würde. Einwanderung wechselt ständig ihr Gesicht, „es gibt da keine Gewissheiten“, sagt der Migrationshistoriker von der Universität Osnabrück und einer von Schröder-Köpfs Mitdiskutanten.

Gastarbeiter, Jugoslawienflüchtlinge: Die meisten gingen zurück

Sie kann ein halbes Menschenleben dauern (im Schnitt sind es 17 Jahre) sie läuft in beide Richtungen – so verließen 80 Prozent der Gastarbeitergeneration Deutschland wieder und 90 Prozent der bosnischen Kriegsflüchtlinge – und auch die Aufnahmegesellschaften produzieren ständig neue Bilder davon, wen sie gern und gar nicht bei sich sehen und was sie für gelungene Integration halten. Nicht mal seine Zunft, sagt Oltmer, hat ein Konzept, das alle überzeugt. Man muss Vielfalt eben leben, findet der Herr neben ihm. Der türkeistämmige Ingenieur Göksel Güner leitet Hanomag, 180 Jahre altes Denkmal deutscher Industriegeschichte und heute in japanischem Besitz. Als hätte es noch einen Beleg gebraucht für Schröder-Köpfs plakattauglichen Niedersachsen-Slogan: „Wir wissen bereits, dass wir es schaffen.“

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