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Politik: „Noch ist es für die Inspekteure zu gefährlich “

UN-Chefkontrolleur Blix über die Sicherheitslage im Irak und die bisher vergebliche Suche nach verbotenen Waffen

DER IRAK ZWISCHEN KRIEG UND FRIEDEN

HANS BLIX (74)

hat als Chef der

UNInspekteure im Irak die Suche nach Massenvernichtungswaffen geleitet. Ende Juni scheidet er

aus dem Amt.

Foto: AFP

Herr Blix, was wissen Sie über die derzeitige Arbeit der US-Inspekteure im Irak? Werden sie Bericht erstatten über ihre Arbeit?

Wenn sie irgendwie glaubwürdig erscheinen wollen, müssen sie schon irgendwann damit herauskommen, was sie gefunden haben. Alles, was wir bisher über diese Lkw gehört haben, die mit der Produktion biologischer Waffen in Verbindung gebracht werden, ist unzulänglich. Es bräuchte viel mehr Beweise, um das glaubwürdig zu machen.

Es ist fünf Wochen her, dass Saddam verschwunden ist. Müssten da nicht so langsam etliche gute Hinweise auf dem Tisch liegen?

Viele Leute haben Tipps gegeben, aber wenn dann die Orte kontrolliert wurden, über die sie berichtet haben, fand man nichts. Die Tatsache, dass al Saadi (Saddams Berater) sich gestellt und gesagt hat, dass es keine Massenvernichtungswaffen gab, hat mich dazu gebracht, mich zu fragen, ob es dort je welche gegeben hat. Ich sehe keinen Grund, warum er weiter Angst vor dem Regime haben sollte. Auch andere führende Personen haben das Gleiche gesagt.

Wenn die US-Inspekteure etwas fänden, würde ihnen wahrscheinlich weltweit Misstrauen entgegengebracht. Warum nehmen die USA dieses Risiko auf sich und arbeiten nicht einfach mit Unmovic zusammen?

Derzeit wäre es aufgrund der angespannten Sicherheitslage praktisch nicht machbar, UN-Inspekteure in den Irak zu schicken. Ich habe aber auch den Eindruck, dass die bisher negative Haltung gegenüber den UN-Inspekteuren, die man heraushalten möchte, sich in eine generell abwehrende Haltung gegenüber den UN verändert. Das ist auf verschiedenen Feldern spürbar. Wenn der Sicherheitsrat beschließen würde, dass UN-Inspekteure Beweise, Funde, Berichte an der Seite der Alliierten bestätigen sollten, wäre unsere Organisation bereit, das zu tun.

Ein Krieg ist wegen des Verdachts vorhandener Massenvernichtungswaffen begonnen worden. Wenige Wochen danach wird kaum noch darüber gesprochen. Wie kann das sein?

Die Hauptrechtfertigung für den Krieg waren Massenvernichtungswaffen, und es mag sich herausstellen, dass in dieser Hinsicht der Krieg nicht gerechtfertigt war. Was wird das für die Zukunft bedeuten? Wie wird man zukünftig mit der Politik solcher Präventivschläge umgehen können? Und: Kann man sich auf gute Geheimdienstarbeit verlassen? Ich bin natürlich sehr interessiert an der Frage: Gibt es Massenvernichtungswaffen oder nicht, und ich beginne zu vermuten, dass es womöglich keine gibt. Wenn das so sein sollte, dann stellen sich weitere Fragen: Wenn die Iraker die Massenvernichtungswaffen im Sommer 1991 zerstört haben, wie sie behaupten, warum haben sie sich in den folgenden Jahren den Inspekteursteams gegenüber so verhalten, als hätten sie noch Waffen? Ich denke, Würde war ein zentraler Faktor für Saddam Hussein. Er wollte die Bedingungen diktieren, entscheiden, wie weit jemand in sein Land hineindarf. Deshalb hat er in vielen Situationen „Nein“ gesagt und so den Eindruck erweckt, er verstecke etwas.

In der neuen Resolution steht, der Weltsicherheitsrat wolle die Mandate der Inspekteure noch einmal überdenken. Was erwarten Sie konkret?

Es scheint so, dass der Sicherheitsrat die Tür für einen möglichen Einsatz von Unmovic und IAEO im Irak offen halten will. Die Resolutionen, unter denen wir im Irak geabeitet haben, können nicht länger angewendet werden. Falls wir gebraucht werden sollten, müsste es einen neuen Beschluss des Sicherheitsrates geben.

War der Krieg gerechtfertigt?

Solange ich noch den UN verpflichtet bin, möchte ich dazu keine öffentliche Einschätzung geben. Aber es ist klar: Einige der Beweise waren nicht korrekt, alles in allem war es eine schwache Beweislage, nicht besonders überzeugend.

Wie sehen Ihre eigenen Pläne aus, wenn Sie New York verlassen haben?

Ich freue mich darauf, Pilze zu suchen. Ich gehe zurück nach Stockholm und auf eine kleine Insel, wo wir ein Haus haben.

Das Gespräch führte Barbara-Maria Vahl.

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