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Nordkorea: Abschreckung für 42 Sekunden

Der Test der Langstreckenrakete Taepodong-2 aus nordkoreanischer Eigenproduktion verlief für das kommunistische Land nicht besonders rühmlich. Dennoch will Nordkorea offenbar die USA zu Verhandlungen zwingen.

Seoul - Nach genau 42 Sekunden ging der neuen Wunderwaffe die Puste aus, dann stürzte Taepodong-2 ins Japanische Meer. Dieses Misserfolgs, internationalen Protesten und der bitteren Armut der eigenen Bevölkerung zum Trotz will die kommunistische Führung ihr Raketenarsenal weiter ausbauen. Experten glauben, dass es dem politisch isolierten Land darum geht, dem Erzfeind USA direkte Verhandlungen abzupressen.

Taepodong-2 soll einmal das Paradestück in der Raketensammlung von Diktator Kim Jong-Il werden. Seit den 70er Jahren baut Nordkorea kontinuierlich seine eigene Raketenproduktion auf. Mitte der 80er Jahre feuerte es zum ersten Mal erfolgreich eine Scud-Rakete mit einer Reichweite von 300 Kilometern ab. In den 90ern folgte das Modell Rodong, das schon bis zu 1300 Kilometer weit fliegen konnte. Vor acht Jahren flog die Taepodong-1-Rakete 1500 Kilometer über Japan hinweg. Ihr Nachfolger könnte mit einer Reichweite von mehr als 6700 Kilometern erstmals auch US-Territorien wie Alaska und Hawaii treffen.

Aus Sicht von Experten setzt die nordkoreanische Führung voll auf Abschreckung, um sich an der Macht zu halten. Dieses Ziel vor Augen, investierte die kommunistische Führung gewaltige Summen in sein Raketenprogramm. Allein 20 Millionen Dollar dürfte die Taepodong-2 gekostet haben, sagt der frühere Raketenexperte der südkoreanischen Agentur für Verteidigungsentwicklung, Ku Sang-Hae. Das Mittelstrecken-Modell Rodong schlug nach seinen Angaben mit zehn Millionen Dollar zu Buche.

Angesichts der Armut der nordkoreanischen Bevölkerung erscheinen diese Zahlen geradezu aberwitzig: Nach einer schrecklichen Hungersnot Mitte bis Ende der 90er Jahre starben schätzungsweise bis zu zwei Millionen Menschen. Mit Lebensmittelhilfe verhinderte die internationale Gemeinschaft noch Schlimmeres. Südkoreanischen Regierungsangaben zufolge betrug das nordkoreanische Bruttoinlandsprodukt 2004 gerade mal 208 Millionen Dollar. Im selben Jahr erhielt das Land 419 Millionen Dollar an internationaler Hilfe.

Kurzflug könnte Drohpotenzial geschwächt haben

Das frühzeitige Ende des Taepodong-Fluges in der Nacht zu Mittwoch könnte dem Kalkül der nordkoreanischen Regierung allerdings einen Strich durch die Rechnung gemacht haben. Mit dem raschen Flugende sei die "Raketenkarte" im Gegenzug für Zugeständnisse seitens Washington schwächer geworden, sagt Professor Choi Jong-Chul von der südkoreanischen Universität für Nationale Verteidigung. "Das ist ein Rückschlag für Nordkorea."

Aus Sicht des Waffenexperten Shim Sung-Tack vom Monterey Institute of International Studies dagegen könnte Nordkorea den nur kurzen Flug der neuen Interkontinentalrakete durchaus beabsichtigt haben. Nordkorea habe die USA nicht mit einem Schuss in die Nähe seines Staatsgebietes provozieren wollen und könne nun einen erfolgreichen Start vorweisen, meint Shim.

Dieser liefere Pjöngjang wichtige Daten, sagt Baek Seung-Joo vom südkoreanischen Institut für Verteidigungsanalysen. Die frühe Landung allerdings wird potenzielle Kunden nordkoreanischer Raketen wie Iran und Syrien nicht gerade zum Kauf ermuntert haben. Zum Zeitpunkt des jüngsten Raketenstarts sollen unbestätigten japanischen Angaben zufolge zehn iranische Beobachter im Land gewesen sein. (Von Park Chan-Kyong, AFP)

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