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Nordrhein-Westfalen: Einlenken vor der Ampel

Die SPD freut sich nach Westerwelles Manöver über neue Optionen in NRW – die CDU gerät ins Abseits.

Die nordrhein-westfälischen Sozialdemokraten haben mit einigem Erstaunen die Worte von FDP-Chef Guido Westerwelle registriert, mit denen dieser die Tür für ein Bündnis von SPD, FDP und Grünen, die sogenannte Ampelkoalition, im größten Bundesland wieder einen kleinen Spalt breit geöffnet hatte.

Dabei war den meisten klar: Westerwelle hat so reagiert, weil ihm nicht entgangen ist, wie intensiv vor Ort darüber debattiert wird. Der FDP-Kreisverband Oberhausen hat Landeschef Andreas Pinkwart angeschrieben und ihn offen gebeten, „schnellstmöglich Sondierungsgespräche mit SPD und Grünen zu führen“. Der liberale Querdenker Burkhard Hirsch nutzte fast alle Interviews zu seinem 80. Geburtstag, um die eigene Partei daran zu erinnern, wie schädlich es ist, den Wählern „diese strikten Koalitionsfestlegungen“ auf die CDU als einzig denkbare Möglichkeit anzubieten. Die Jungen Liberalen sehen es ähnlich und plädieren in einem Leitantrag dafür, „sich mittelfristig aus der strategischen Verengung auf schwarz-gelbe Koalitionen zu lösen und weitere Gestaltungsoptionen aufzubauen“.

All diese Wortmeldungen kommen nicht zufällig. In der FDP gibt es ein breites Bedürfnis, die politischen Inhalte neu zu debattieren. Landeschef Pinkwart hatte damit früh begonnen, ist allerdings von Westerwelle immer mal wieder zurückgepfiffen worden. Inzwischen hat sich die Lage des Berliner Parteichefs derart verschlechtert, dass Pinkwart wieder daran anknüpft. Bei den Jungen Liberalen lobte er ausdrücklich deren Leitantrag und bekam für seine Idee einer veränderten FDP viel Beifall: „Eine Partei, die sich nicht einmauert, die sich nicht reduziert; eine Partei der Mitte des Spektrums“. Anschließend spricht Pinkwart offen aus, was viele Liberale bisher nur hinter vorgehaltener Hand sagen: „Die FDP ist keine Ein-Thema- und keine Ein-Mann-Partei.“

Bei den Sozialdemokraten kommen diese liberalen Lockerungsübungen gut an. „Die Tür für Gespräche mit der FDP ist offen“, sagte nicht nur Hubertus Heil, der Berliner Fraktionsvize, die gesamte Landesspitze der SPD freute sich über die erneute Kehrtwende der FDP, die die Tür zu Verhandlungen zunächst auf Druck von Berlin zugeschlagen hatte, weil die Sozialdemokraten auch mit der Linken geredet hatten. „Die CDU stört sich ja auch nicht daran, dass die SPD vorher mit der Linken geredet hat“, heißt das in den Worten von Bernd Paßmann, der als Chef der FDP-Fraktion im rheinischen Landschaftsverband maßgeblich an der dortigen Ampelkoalition mit gebaut hat.

Die Sozialdemokraten jubilieren über all diese Stimmen, weil sie längst wissen, wie sehr das ihre Verhandlungsposition in den Gesprächen mit der CDU stärkt. „Wir haben nur noch eine Sorge: dass die uns unser eigenes Wahlprogramm zur Unterschrift als Koalitionsvertrag vorlegen“, erklärt einer der führenden Genossen, der sich verwundert darüber zeigte, wie unsortiert die Union in die Sondierungsgespräche gekommen ist. „Die haben keine Idee für Nordrhein-Westfalen“, urteilt man auf Seiten der SPD nach dem ersten dreistündigen Gedankenaustausch. Am kommenden Dienstag sitzt man erneut zusammen.

Wenn Schwarz-Rot scheitert, geht es darum, der FDP wieder eine Brücke für Verhandlungen zu bauen. Während die Sozialdemokraten dazu bereit sind, zögern die Grünen. „Die neuerliche Kehrtwende des Guido Westerwelle offenbart das ganze Chaos der FDP“, ätzte Grünen-Fraktionschefin Sylvia Löhrmann. Wenn es je zu Gesprächen über eine Ampel kommen sollte, müssen hinter den Kulissen erst einmal viele Wunden versorgt werden.

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