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Norwegen wählt: Blond, Frau, rechts hat gute Chancen

Am Montag stimmen die Norweger über die Zusammensetzung ihres Parlaments ab - und damit auch über eine neue Regierung. Die Spitzenkandidatin der fremdenfeindlichen FRP könnte künftig eine gewichtige Rolle spielen.

In Norwegen hat erstmals in Westeuropa eine rechtspopulistische Partei eine realistische Chance, den Regierungschef zu stellen: die ebenso populistische wie ausländerfeindliche Fortschrittspartei (FRP). Am Montag wählen die Norweger ihr Parlament, den Storting. Dabei wird ein knapper Ausgang zwischen dem regierenden Linksblock aus Ministerpräsident Jens Stoltenbergs Sozialdemokraten, den Sozialisten sowie der agrarischen Zentrumspartei und der bürgerlich-rechten Opposition erwartet.

„Morna Jens! Heia, Jensen!“ (Tschau Jens! - Hallo Jensen!) lautet der simple Slogan der charismatischen FRP-Vorsitzenden Siv Jensen. Die hellblonde, 40 Jahre alte Spitzenkandidatin kommt an: Rechte Parteien sollten in Europa nicht nur als schwarze politische Schafe eine üblicherweise bürgerliche Regierung stützen, sondern die eigenen Ambitionen selbstsicher vertreten. Und weil Siv Jensen laut Umfragen mit ihren einwandererfeindlichen Sprüchen mehr als jeden vierten Norweger hinter sich weiß, scheint der Anspruch auf den Ministerpräsidentenposten tatsächlich völlig legitim. Mit knapp 30 Prozent, kürzlich aber auf 25 Prozent herunterkorrigierten Umfragewerten könnte die FRP im neuen Parlament deutlich größer sein als alle anderen Parteien im rechten Parlamentsblock.

Allerdings sind bislang nur die Konservativen für eine Kooperation mit der rechten Spitzenfrau bereit. Für die Regierungsbildung bräuchte sie auch die Stimmen von Christdemokraten und Liberalen. Diese haben, zumindest im Wahlkampf, eine Zusammenarbeit mit der FRP-Vorsitzenden abgelehnt. Jensen gilt zwar als gemäßigter und rein menschlich gesehen auch als sympathischer als ihr kantiger, ultrarechter Vorgänger Carl Hagen, doch auch sie scheut sich nicht, offen und derb Muslime zu beleidigen. Damit konnte sie zwar viele neue Wähler gewinnen, aber nicht die anderen Parteien von ihrer Eignung als Regierungschefin überzeugen.

„Wir müssen den Zuzug nicht-westlicher Zuwanderer bremsen, wir können sie nicht integrieren“, sagt Jensen. Und: Die meisten Flüchtlinge seien „identitätslose Kriminelle“. Dass Norwegen in diesem Jahr 18 000 Asylbewerber aufnimmt, während Dänemark nur 2000 akzeptiert, sei ein Zeichen für die blauäugige Politik des 4,7 Millionen Einwohner zählenden Königreichs, argumentiert sie. Dass ihr Heimatland durch seinen Ölreichtum deutlich wohlhabender ist als Dänemark, verschweigt sie indes.

Neben der umstrittenen Ausländerpolitik gibt es zumindest für die bürgerlichen Parteien einen noch viel wichtigeren Grund, die FRP nicht zu unterstützen. Unter allen anderen Parteien herrscht Einigkeit darüber, dass die enormen Einnahmen aus dem Ölgeschäft nur zu vier bis sechs Prozent ausgegeben werden dürfen. Um eine Überhitzung der Binnenwirtschaft zu verhindern, wird der Rest über den staatlichen Ölfonds für zukünftige Generationen im Ausland angelegt. Die FRP will dahingegen einen deutlich größeren Teil der Einnahmen direkt in Reformen stecken. Geplant sind etwa die Verbesserung des brüchigen Straßennetzes, die Reform des maroden Gesundheits- und Schulwesens, die Bekämpfung von Armut, die es sogar in Norwegen noch gibt, und Steuersenkungen.

Als wahrscheinlichste Alternative zu einer FRP-Regierung gilt, dass der sozialdemokratische Premier Stoltenberg mit seinen bisherigen Koalitionspartnern eine Minderheitsregierung bildet, die von den Liberalen gegen ein paar Zugeständnisse toleriert werden könnte.

André Anwar[Stockholm]

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