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Politik: Notenbankchef Antonio Fazio: Ein frommer Konservativer soll Italiens Linke retten

Gesucht wird: ein charismatischer Bürger, um die 50, politisch möglichst unbelastet, gerne mit guten Kenntnissen über Italiens Wirtschaft und Finanzen, gut gelitten in der katholischen Mitte, aber auch von der Linken akzeptiert, mit originellen Ideen für den Wahlkampf, um den scheinbar unaufhaltsam voranstürmenden Oppositionsführer Silvio Berlusconi doch noch zu besiegen. Ansonsten sollte der Kandidat aber auch wieder von der Sorte sein, die man schnell wieder loswerden kann, ohne größere Verwerfungen zu provozieren.

Gesucht wird: ein charismatischer Bürger, um die 50, politisch möglichst unbelastet, gerne mit guten Kenntnissen über Italiens Wirtschaft und Finanzen, gut gelitten in der katholischen Mitte, aber auch von der Linken akzeptiert, mit originellen Ideen für den Wahlkampf, um den scheinbar unaufhaltsam voranstürmenden Oppositionsführer Silvio Berlusconi doch noch zu besiegen. Ansonsten sollte der Kandidat aber auch wieder von der Sorte sein, die man schnell wieder loswerden kann, ohne größere Verwerfungen zu provozieren. Mit anderen Worten: Romano Prodi.

Nein, natürlich nicht Romano Prodi, der war ja schon einmal Spitzenkandidat der Linken und sitzt außerdem an der Spitze der EU in Brüssel, wohin man ihn, als er seine Dienste für den Eintritt der Italiener in die EU abgeleistet hatte, weggelobt hatte. Aber einer wie er wäre schon recht. Nur: Woher soll man den Idealkandidaten für Italiens Linke nehmen? Seit dieser Woche sitzt zwar ein halbes Dutzend Anwärter in den Startlöchern, nachdem die in der Koalition sitzenden Kommunisten den angesehenen Chef der größten Einzelgewerkschaft CGIL, Sergio Cofferati, als ersten Anwärter für die Kandidatur zum künftigen Regierungschef vorgeschlagen hatte.

Den richtigen Start erwischen, das haben Italiens Politiker in den neunziger Jahren gelernt, das ist schon mehr wert als der halbe Sieg. Silvio Berlusconi hat es als erster erprobt, im Jahr 1994, als er nicht einmal ein halbes Jahr vor den Wahlen eine eigene Partei aus dem Boden stampfte und an der Spitze einer Rechts-Allianz Ministerpräsident wurde; doch als er die Aktion zwei Jahre später, nach seinem Sturz, wiederholen wollte, nahm ihm der ebenfalls aus der Deckung heraus gestartete Romano Prodimit seinem in aller Eile zusammengeschusterten "Olivenbaum-Bündnis" die Butter vom Brot und wurde Chef der Administration.

In jedem Fall wird es diesmal Streit geben bei der Kandidatenkür. Zwar können die Kommunisten für ihren Kandidaten Cofferati in Anspruch nehmen, dass dieser ansehnliche Teile der Arbeiterschaft wieder näher an die derzeit arg gebeutelte Koalition heranführen und zudem die links in der Opposition verharrenden Neokommunisten ins Bündnis hereinlocken könnte. Aber dafür ist er, trotz zweifellos großen Charismas, in der Mitte absolut nicht konsensfähig - und gerade dort werden die Wahlen zweifellos gewonnen.

Deshalb bemüht sich ein ansehnlicher Teil der Koalitionäre derzeit, einen Kandidaten aufzutun, der weit ins rechte Spektrum einbrechen könnte. Immer wieder wird da einer genannt, der derlei Kriterien wohl erfüllen könnte: der derzeitige Chef der Notenbank, Antonio Fazio. Im Grunde ist Fazio ein erzkonservativer Beamter, als Mitglied des frömmelden "Ordens des Heiligen Grabes zu Jerusalem" im Vatikan gut gelitten, könnte er der Rechten das Leben schwer machen, weil diese derzeit alles daran setzt, die versprengten Teile der 1994 aufgelösten Katholikenpartei Democrazia Cristiana an sich zu binden.

Doch da ist ein Handicap: Fazio ziert sich so sehr, dass bis jetzt niemand weiß, ob er will oder nicht. Tatsächlich fiele ihm eine Kandidatur an der Spitze eine Mitte-Rechts-Bündnisses wohl leichter - aber da sitzt ja Berlusconi. So haben die Zentristen nun einen anderen Kandidaten aus dem katholischen Lager aufgetan: Giovanni Bazoli, Chef der kircheneigenen Banco Intesa. Der tickt politisch in etwa so wie Romano Prodi, käme den Prälaten von St. Peter ebenso zupass wie Antonio Fazio und würde den Großteil der Koalition befriedigen. Allerdings ist er bis heute so unbekannt, dass etwa die Zeitung "La Repubblica" sein Foto immer mal wieder seitenverkehrt abdruckt. Und im Gegensatz zu Prodi verfügt er weder über Selbstironie noch den Ausdruck von Schlitzohrigkeit, den der frühere Premier so erfolgreich gegen Berlusconi in Stellung gebracht hatte.

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