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NPD-Austritte: Die Nerven der Rechten liegen blank

Nach außen hin gab sich die NPD-Fraktion in Sachsens Landtag bislang als geschlossener Block. Die jetzt bekannt gewordenen Austritte von zwei Abgeordneten aus Fraktion und Partei sprechen eine andere Sprache.

Dresden - Der schwelende Konflikt zwischen aus dem Westen importierten jungen Funktionären und einheimischen vermeintlichen Nachwuchskadern hat ein Ventil gefunden. Die beiden Aussteiger erklärten mehr oder minder unverhohlen, dass ihnen das Agieren der aus den alten Ländern stammenden Vordenker nicht mehr passt.

Der Umgang mit den Aussteigern Mirko Schmidt aus Meißen und Klaus Baier aus Annaberg-Buchholz wirft ein Schlaglicht auf den vorherrschenden Geist: Sie werden in offiziellen NPD-Erklärungen als Verräter gebrandmarkt. Beide hätten versucht, einen Ost-West-Gegensatz in Fraktion und Partei hineinzutragen. Schulden sollen sie haben, wird kolportiert. Und wegen mangelnder Disziplin und fehlenden Arbeitseifers werde ihnen keine Träne nachgeweint.

Mehr noch scheint den maßgeblichen Akteuren etwa aus Niedersachsen und Hessen jedoch der Part des sächsischen Verfassungsschutzes ein Dorn im Auge zu sein. Denn beide Abtrünnige nutzten wie 30 andere Anhänger der rechtsextremen Szene ein Aussteigerprogramm zur Abkehr. Sie baten von sich aus um Hilfe und Beratung, sagt Sprecher Alrik Bauer. «Das ist ein positives Signal an andere», hofft er.

Schmidt reklamierte zu Wochenbeginn, die NPD setze sich entgegen früherer Wahlversprechen nicht mehr für die Interessen der Bürger ein. Sie habe demokratische Grundsätze verlassen und fahre auf nationalsozialistischer Schiene - ein Eindruck, der sich mit vielen Äußerungen der Fraktions-Führungsriege in Landtagsdebatten belegen ließe. Die Reaktionen der NPD-Vordenker auf die Austritte und Vorwürfe nähren nach Ansicht des Chemnitzer Politikwissenschaftlers Eckhard Jesse den Verdacht, dass mittlerweile in der von zwölf auf zehn Abgeordnete geschrumpften Fraktion die Nerven blank liegen.

Schließlich ist die NPD, die im Herbst 2004 mit 9,2 Prozent der Stimmen den Sprung in den Landtag geschafft hatte, im Parlament weitgehend isoliert. Denn Sachsens andere Parteien stellen sich mittlerweile gemeinsam gegen sie, wenngleich die Stimmen für rechte Kandidaten aus anderen Parteien bei geheimen Voten zu Beginn der Legislaturperiode noch nicht vergessen sind. Redebeiträge sind nun immer öfter abgestimmt, manche von der NPD auf die Tagesordnung gesetzte Debatte läuft mittlerweile völlig ins Leere.

Nach Ansicht der demokratischen Parteien zeigen diese Bemühungen nun Wirkung, wenngleich von einem Aus für die NPD in Sachsen nicht die Rede sein könne. Auch Jesse meint, von einem Zerfall bei den Rechtsextremen könne keine Rede sein. Noch gäben jene den Ton an, die von Sachsen aus die rechtsextreme Partei hoffähig machen wollten. Dass die NPD etwa bei der jüngsten Bundestagswahl in Sachsen weit unter ihren Erwartungen blieb, sei zwar ein Hoffnungsschimmer. Erledigt habe sich das Problem mit rechtem Gedankengut aber noch lange nicht.

Wo die beiden Aussteiger künftig ihre politische Heimat haben werden, ist noch offen. Beide wollen im Landtag bleiben. Die CDU, der mehrfach Stimmenfang am extrem rechten Rand vorgeworfen wurde, winkt auf die Frage nach offenen Türen ab. Die früheren NPD-Mitglieder hätten noch einen langen Weg zurück in die bürgerliche Gesellschaft, sagt Generalsekretär Michael Kretschmer. (Von Petra Strutz, dpa)

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