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© p-a/dpa

NPD: "Hausgemachter Schwachsinn"

Die NPD steuert auf die nächste Zerreißprobe zu. Angesichts zahlreicher Krisensymptome hat Parteichef Udo Voigt jetzt für Januar die Einberufung einer Strategiekommission angekündigt und zugegeben, dass die NPD stagniert - aus der Partei kommt harte Kritik.

Von Frank Jansen

Berlin - Das Superwahljahr „war ganz sicher nicht berauschend für uns“, sagt NPD-Chef Udo Voigt in einem Video, das auf der Homepage der Partei zu sehen ist. In Zeiten der Wirtschaftskrise hätte die NPD „sicher mehr punkten können“. Die Partei hatte bei den Landtagswahlen nur in Sachsen, und dort mit viel Mühe, die Fünfprozenthürde überwunden. In Thüringen, Brandenburg, dem Saarland, Schleswig-Holstein und Hessen kassierte sie zum Teil herbe Niederlagen – wie auch bei der Bundestagswahl, die nur einen Stimmenanteil von 1,5 Prozent einbrachte.

Mit seiner Videobotschaft hat Voigt nun überraschend deutlich Selbstzweifel geäußert. Der NPD-Vorsitzende fragt sich, „ob die Verpackung unserer politischen Visionen noch stimmt“. Solche Zweifel hegen seine vielen Gegner in der Partei schon lange. Und jetzt macht auch einer der einst engsten Anhänger Voigts rabiat Front gegen ihn. Der Parteichef ergehe sich in der Videobotschaft „in bekannten Allgemeinheiten, ohne konkrete Aussage, ohne Begeisterung und ohne Darstellungskraft“, verkündet auf einer rechten Homepage Ex-NPD-Generalsekretär Eckart Bräuniger, der früher dem Parteivorsitzenden als Leibwächter gedient hatte. Voigt habe zudem „an Charisma bedeutend eingebüßt“, giftet Bräuniger. Und er zerreißt dessen Idee einer Strategiekommission. Die „ehrlichen und fleißigen Funktionsträger aller Ebenen“ sollten sich öffentlich „so einen hausgemachten Schwachsinn wie die Einrichtung eines Arbeitskreises im kommenden Jahr verbitten“.

Bräunigers Wort hat Gewicht in der NPD, obwohl er kurz nach seiner Wahl zum Generalsekretär im April auf dem Bundesparteitag in Berlin den Posten plötzlich aufgab. Angeblich aus rein gesundheitlichen Gründen, doch es war bekannt, dass sich Bräuniger wie auch andere führende Funktionäre über die Affäre um den betrügerischen Ex-Schatzmeister Erwin Kemna aufregten. Voigts Duzfreund Kemna hatte aus der Kasse der eh schon klammen Partei mehr als 740 000 Euro abgezweigt. Im September 2008 verurteilte das Landgericht Münster den NPD-Mann zu zwei Jahren und acht Monaten Haft. Die Empörung in der Partei nahm noch zu, als im März 2009 der Tagesspiegel enthüllte, dass über einen NPD-Funktionär ein Großteil von Kemnas Anwaltskosten, 20 000 Euro, beglichen worden war. Für den finanziellen Aderlass, den die Partei durch die Affäre Kemna erlitt, machen viele NPD-Mitglieder Voigt mitverantwortlich.

Spätestens seit dem Bundesparteitag ist die Partei zerrissen. Die Vorsitzenden der NPD-Landtagsfraktionen in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern, Holger Apfel und Udo Pastörs, gehören dem Bundesvorstand nicht mehr an und halten Distanz zu Voigt. Apfel propagiert einen „sächsischen Weg“, der die NPD langfristig aus der Paria-Ecke herausführen soll. Da werden Fühler in Richtung CDU ausgestreckt, außerdem schlug Apfel im Oktober der Linksfraktion im Dresdener Landtag eine gemeinsame Normenkontrollklage gegen den Entwurf von CDU und FDP zum sächsischen Versammlungsgesetz vor. Die Avancen blieben erfolglos, doch der Kontrast zum bisherigen Betonkopfgebaren von Voigt ist deutlich.Voigt stellte dem „sächsischen Weg“ provokativ einen „deutschen Weg“ gegenüber. Der aber, wie Voigts Video nun zeigt, in einer Sackgasse endet.

Süffisant wird in der NPD-Fraktion kommentiert, dass der Parteichef eine Strategiekommission vorschlägt. „Es ist ein positiver Zug von Herrn Voigt, wenn er erkennt, dass man was ändern muss“, heißt es in Dresden. Apfel will sich jedoch an der Kommission beteiligen. Womöglich ergibt sich für die Voigt-Kritiker die Chance, den Parteichef nach mehr als 13 Jahren Amtszeit zu entmachten. Zumal Voigt kürzlich durch den Tod des Vizevorsitzenden Jürgen Rieger einen wichtigen Verbündeten verlor – und die NPD einen bedeutenden Kreditgeber. So verschärft sich nun auch die Finanzkrise der Partei.

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