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NPD

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NPD-Verbot: Was zu beweisen ist

Nach Mügeln wird über ein NPD-Verbotsverfahren diskutiert. Was spricht für einen solchen Schritt?

Von Matthias Meisner

Welche Argumente werden in der jetzigen Debatte für und welche gegen ein erneutes NPD-Verbotsverfahren angeführt?

SPD-Chef Kurt Beck wählt markige Worte, um einen neuen Anlauf für ein neues Verbotsverfahren zu begründen. Eine wehrhafte Demokratie müsse „Flagge zeigen und mit ganzer Härte des Gesetzes gegen die braunen Demagogen vorgehen“. Hinter seiner Forderung steckt das Kalkül, dass mit dem Verbot der rechtsextremistischen Partei die politischen und finanziellen Grundlagen auf einen Schlag entzogen würden. Sie bekäme kein Staatsgeld mehr aus der Parteienfinanzierung. Für die NPD geht es um mehrere hunderttausend Euro im Jahr.

Die „Kraft aller Demokraten“, die Beck für ein Verbotsverfahren vereint wissen will, kann die SPD nicht organisieren. Das liegt daran, dass das wesentliche Hindernis für ein NPD-Verbot nicht beseitigt ist – nach wie vor hat der Verfassungsschutz etliche V-Leute in den Vorstandspositionen der Partei. Der Geheimdienst denkt gar nicht daran, sie abzuziehen, hält „die Späher in der rassistischen Grauzone aus Gründen der staatlichen Sicherheit für unerlässlich“.

Die Gegner des Verbotsverfahrens fürchten vor allem ein erneutes Scheitern. „Unverantwortlich“ wäre es, alle V-Leute aus den Gremien der rechtsextremistischen Parteien herauszuziehen, sagt CSUChef Edmund Stoiber. Auch die CDU setzt auf mehr Sozialarbeit statt eines NPD-Verbots. Von „Spielereien“ spricht der Vorsitzende der Linken, Lothar Bisky – auch für seine Partei ist ohne einen Abzug der V-Leute „ein Misserfolg vorprogrammiert“. Die Grünen erinnern daran, dass schon das gescheiterte Verfahren 2003 der NPD „eine Art Gütesiegel“ verschafft habe. Die FDP, die schon im ersten Anlauf dagegen war, kritisiert, mit dem juristischen Streit bekämen die „abstrusen Forderungen“ der NPD nur eine „öffentliche Plattform“. So richtig zufrieden mit der neuen Diskussion ist nur einer: NPD-Chef Udo Voigt. „Verbieten will man eine Organisation nur, wenn man sie ernst nimmt und sie fürchtet“, sagt er.

Warum scheiterte das letzte Verfahren?

Im Herbst 2000 erklärte Bundesinnenminister Otto Schily, es lägen genügend Anhaltspunkte vor, dass die NPD gegen die Verfassung verstoße. Im Dezember unterstützten SPD, CDU, Grüne und PDS einen Verbotsantrag, die FDP lehnte ihn ab. Der Antrag der Bundesregierung ging am 30. Januar 2001 beim Bundesverfassungsgericht ein, am 30. März stellten Bundestag und -rat je einen eigenen Verbotsantrag.

Das Gericht hatte bereits Verhandlungstermine angesetzt, als Anfang 2002 bekannt wurde, dass Wolfgang Frenz, langjähriges Mitglied des NPD-Bundesvorstandes, als V-Mann für den Verfassungsschutz gearbeitet hatte. Das Bundesinnenministerium räumte ein, dass es bereits seit Sommer 2001 über Frenz’ V-Mann-Tätigkeit informiert war. Doch Frenz war nicht der einzige: Allein bis Anfang Februar wurden insgesamt fünf NPD-Mitglieder als V-Leute enttarnt, darunter Udo Holtman, NPD-Vorsitzender in NRW. Letztlich stellte sich heraus, dass in den vergangenen Jahren rund 30 von 200 Mitgliedern der NPD-Führungsebene im Sold des Verfassungsschutzes standen. Eine derart intensive Beobachtung einer Partei vor und während eines Verbotsprozesses sei unvereinbar mit den Anforderungen eines rechtsstaatlichen Verfahrens, entschied das Verfassungsgericht am 18. März 2003. Weil „staatliche Präsenz auf der Führungsebene einer Partei Einflussnahme auf deren Willensbildung und Tätigkeit unvermeidbar“ mache, hatten drei der sieben beteiligten Richter gegen eine Fortsetzung des Verfahrens gestimmt.



Welche Voraussetzungen müssen für ein Verbotsverfahren erfüllt sein?

Die Antragsteller eines Verbotsverfahrens müssen den Beweis führen, dass die NPD „nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger“ darauf abzielt „die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden“. Diese Formulierung des Grundgesetzes hat das Bundesverfassungsgericht in den beiden Verbotsurteilen gegen die Sozialistische Reichspartei (1952) und die Kommunistische Partei Deutschlands (1956) dahin konkretisiert, dass eine Partei sich in „aggressiv-kämpferischer Weise“ gegen die demokratische Grundordnung wenden müsse, um verboten zu werden.

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