zum Hauptinhalt
Der Freiburger Psychiater Joachim Bauer im Gerichtssaal in München.

© dpa

NSU-Prozess: Gericht lehnt Sachverständigen als befangen ab

Gegen Beate Zschäpe laufe eine „Hexenjagd“, behauptete der Psychiater Joachim Bauer. Jetzt gibt es Zweifel, ob er als Sachverständiger noch unparteiisch ist.

Das Oberlandesgericht München hat den Psychiater Joachim Bauer als Gutachter im NSU-Prozess abgelehnt. Der Senat folgte am Dienstag einem Antrag mehrerer Nebenkläger. Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl sagte, Bauer habe den „Eindruck der Parteilichkeit nicht beseitigen“ können. Der Freiburger Psychiater bewerte das Verfahren als eine „Hexenverbrennung“, vor der er die Hauptangeklagte Beate Zschäpe in Schutz nehmen wolle. Bauer mache damit deutlich, dass nach seiner Ansicht „ein massiver Schuldspruch bereits feststeht“.

Bauer hatte Zschäpe mehrmals in der Untersuchungshaft in der Münchner Vollzugsanstalt Stadelheim besucht. Im Auftrag ihrer beiden Wahlverteidiger Mathias Grasel und Hermann Borchert hatte er als Zeuge über diese Gespräche berichtet und als Sachverständiger befunden, Zschäpe sei wegen einer krankhaften Persönlichkeitsstörung nur eingeschränkt schuldfähig. Wenig später hatte Bauer dem Online-Chef der Zeitung „Die Welt“ in einer E-Mail einen „exklusiven Beitrag“ angeboten. In der Mail sprach er von „Hexenverbrennung“ und davon, dass seine Begutachtung Zschäpes „einigen nicht passe“. Am Dienstag wandte sich Bauer erneut per Mail an mehrere Medien und wies den Vorwurf der Befangenheit zurück. Er halte sein Gutachten nach wie vor für „einen Beitrag mit erheblicher Verfahrensrelevanz“.

Einzelne Medien hätten versucht, ihn „fachlich zu diskreditieren“. Bauer war einer von zwei Gutachtern, mit denen die Zschäpe-Verteidigung die Befunde des gerichtlich bestellen Psychiaters Henning Saß zu widerlegen versuchte. Saß hatte Zschäpe volle Schuldfähigkeit bescheinigt. Zschäpes Pflichtverteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm hatten den Bochumer Psychiater Pedro Faustmann mit einer Methodenkritik an Saß' Gutachten beauftragt und anschließend das Gericht aufgefordert, es zu verwerfen und einen neuen Sachverständigen auszuwählen.

Über diesen Antrag hat das Gericht noch nicht entschieden. Zschäpe lebte fast 14 Jahre mit den Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Untergrund. Die beiden Männer sollen während dieser Zeit zehn Menschen ermordet haben, neun aus rassistischen Motiven. Zschäpe ist als drittes und einzig überlebendes Mitglied des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ wegen Mittäterschaft an allen Verbrechen angeklagt. (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false