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Wieder da: Der neue, alte Präsident Wladimir Putin beim Kongress der Partei "Einiges Russland".

© Reuters

Putins Antrittsbesuch: Nur auf der Durchreise

Russlands Präsident Wladimir Putin kommt am Freitag für wenige Stunden nach Berlin. Es ist sein bisher kürzester Besuch in Deutschland - auch ein Zeichen für die Ernüchterung in den Beziehungen beider Länder.

Berlin - Das Programm der Reise setzt ein deutliches Signal: Russlands Präsident Wladimir Putin besucht auf seiner ersten Auslandsreise nach der Rückkehr in den Kreml an diesem Donnerstag zunächst Weißrussland – ein Land, dessen autoritär regierender Staatschef Alexander Lukaschenko international weitgehend isoliert ist. Von Minsk aus reist Putin am Freitag zum Antrittsbesuch nach Berlin, wo er von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit militärischen Ehren empfangen wird, bevor sie sich zum Gespräch beim Mittagessen zurückziehen.

Im Anschluss steht eine Begegnung auf dem Programm, die möglicherweise für beide Seiten nicht leicht wird: Der ehemalige KGB-Offizier Putin, der in den achtziger Jahren in Dresden stationiert war, trifft den früheren DDR-Bürgerrechtler und heutigen Bundespräsidenten Joachim Gauck. Putin absolviert in Berlin nur diese beiden Pflichttermine, bevor er nach Paris weiterreist, wo ihn der neue Staatspräsident François Hollande zum Abendessen erwartet. Damit ist diese Reise der bisher kürzeste Deutschland- Besuch Putins – nur etwa sechs Stunden hält er sich in der Hauptstadt auf.

Größer könnte der Kontrast zu seiner ersten Amtszeit kaum sein. Damals machte Putin Schlagzeilen mit einer Rede vor dem Bundestag, einem privaten Essen in Spandau, bei dem er sich symbolisch zum Ritter schlagen ließ, und einem Talkshowauftritt – ganz zu schweigen von den freundschaftlichen Treffen mit dem damaligen Kanzler Gerhard Schröder.

Doch mit Angela Merkel sind die deutsch-russischen Treffen nüchterner und sachlicher geworden. Schon bei ihrem ersten Besuch als Kanzlerin in Moskau sprach sie auch mit Putins Kritikern und setzte damit einen neuen Akzent. Sie beendete die von Schröder und Putin initiierte deutsch-französisch-russische Zusammenarbeit in der Außenpolitik, die sich in erster Linie gegen den Irak-Krieg und den Kurs der USA gerichtet hatte. Außerdem brachte sie 2006 die Ermordung der Journalistin Anna Politkowskaja beim Treffen mit Putin zur Sprache. Drei Jahre später zeigte sie ihr Missfallen über Russlands „Gaskrieg“ gegen die Ukraine mehr als deutlich. Bei seinem letzten Berlin-Besuch im Oktober 2010 schließlich schlug Putin die Bildung einer Freihandelszone „von Lissabon bis Wladiwostok“ vor – doch Merkel ging darauf nicht ein.

Mit Präsident Dmitri Medwedew schien die Zusammenarbeit zumindest atmosphärisch besser zu sein. Denn der Jurist im Kreml gab sich als Reformer und kritisierte Missstände wie die fehlende Rechtsstaatlichkeit offen. Nicht nur in Berlin wollte man ihm die Reformbereitschaft gern glauben. Doch am Ende stellte sich heraus, dass er nichts weiter tat, als Putin den Platz im Kreml freizuhalten. Nach Putins Wiederwahl im März, der bereits eine von Fälschungsvorwürfen begleitete Parlamentswahl vorausgegangen war, fiel der Gratulationsanruf der Kanzlerin denkbar nüchtern aus: Sie „übermittelte ihm ihre guten Wünsche für seine kommende Amtszeit als Staatspräsident“, sagte der Regierungssprecher später. Vom „Wahlsieg“ war keine Rede.

Die „strategische Partnerschaft“ mit Russland gilt als wichtiger Bestandteil der deutschen Außenpolitik. Auf diese Partnerschaft sind Deutsche und Russen angewiesen; durch das Geschäft mit dem Erdgas sind beide Länder aneinander gebunden. „Die Bundesregierung möchte die strategische Partnerschaft mit Russland auch mit Präsident Putin fortsetzen und ausbauen“, heißt es im Auswärtigen Amt. Doch mit dieser Partnerschaft geht es derzeit nicht so recht voran. Anders als früher wird bei diesem Treffen kein deutsch-russisches Abkommen unterzeichnet.

Ein wichtiges Thema bei dem Gespräch zwischen Merkel und Putin wird der Syrien-Konflikt sein, denn hier wird Russlands Zusammenarbeit derzeit dringend gebraucht. Moskau unterstützt nach wie vor das Regime von Baschar al Assad – im UN-Sicherheitsrat und mit Waffen. Doch bisher waren alle Bemühungen vergeblich, Russland zu einer gemeinsamen Position gegenüber Damaskus zu bewegen. Dass die Kanzlerin Putin am Freitag umstimmen kann, ist wenig wahrscheinlich.

Zwischen Russland und dem Westen gibt es zudem weitere Verstimmungen: Putin sagte Mitte Mai aus Verärgerung über das geplante Raketenabwehrsystem seine Teilnahme am Nato-Gipfel in Chicago ab. Auch zum G-8-Gipfel in Camp David reiste er nicht. Das wurde in Moskau mit der gerade anstehenden Regierungsbildung begründet.

Mehr Zeit nimmt sich Putin dagegen bei einem Besuch in China in der kommenden Woche. Außerdem reist er dann nach Kasachstan und nach Usbekistan – ebenfalls eine international isolierte Diktatur.

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