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Politik: Nur einen Hektar türkische Erde

Ein neues Gesetz soll dem Grundbesitz von Ausländern klare Grenzen setzen

Ausländer aus Westeuropa und anderen Staaten sollen auch künftig das Recht haben, sich an den Sonnenküsten der Türkei ein Haus zu bauen oder zu kaufen, müssen sich aber beim Standort und bei der Größe der Immobilien an genau definierte Vorschriften halten. Das sieht ein jetzt bekannt gewordener Gesetzentwurf der türkischen Regierung vor. Vor zwei Monaten hatte das türkische Verfassungsgericht den Immobilienverkauf an Ausländer verboten und damit die wachsende Gruppe von Interessenten aus dem Westen geschockt, die sich in der Türkei ein Häuschen bauen wollen. Mit dem neuen Gesetz sollen die Ausländer beruhigt und der durch das Verbot ausgelöste Imageverlust der Türkei in Europa ausgebügelt werden.

Allein 2004 kauften Privatleute und Firmen aus dem Ausland in der Türkei Immobilien im Wert von einer Milliarde Euro. Für ein Land wie die Türkei, das nach wie vor nur eine relativ geringe Summe an Direktinvestitionen anzieht, ist das viel Geld. Besonders an den Küsten der Ägäis im Westen und des Mittelmeeres im Süden der Türkei gibt es einen Bauboom, seit vor zwei Jahren der Hausverkauf an Ausländer erlaubt wurde. Allein in der Gegend um Bodrum an der Ägäis werden derzeit mehrere tausend Häuser für Ausländer gebaut. Während die Ägäis vor allem britische Interessenten anzieht, hat sich bei Alanya im Süden der Türkei eine deutsche Kolonie aus mehreren Zehntausend Menschen gebildet, die immer weiter wächst. Mit einer westeuropäischen Rente lässt es sich im Süden der Türkei gut leben.

Das Verfassungsgerichtsurteil vom 14. März war deshalb für Zuzügler, Häuslebauer, Makler und die türkische Bauindustrie ein großer Schock. Türkische Nationalisten hatten das alte Gesetz als Gefahr für die Einheit der Türkei kritisiert; Gerüchte über großflächige Landkäufe von Ausländern in Gegenden mit großen Wasservorräten machten die Runde und nährten Befürchtungen, dass die Türken eines Tages nicht mehr Herren im eigenen Land sein würden. Das Verfassungsgericht schloss sich der Kritik an, hob das Gesetz auf und forderte von der Regierung eine Neuregelung mit strengeren Auflagen. Obwohl die Richter betonten, ihr Urteil richte sich nicht grundsätzlich gegen den Grund- und Hausbesitz von Ausländern, galt die Entscheidung in Europa als Beispiel für einen neuen nationalistischen Trend in der Türkei.

Mit dem neuen Gesetzentwurf soll dieser Eindruck aus der Welt geschafft werden. Die Vorlage, die von Kabinett und Parlament in Ankara noch gebilligt werden muss, sieht nach einem Bericht der halbstaatlichen Nachrichtenagentur Anadolu vor, dass Ausländer in den Grenzen eines Stadtbezirks oder in direkt angrenzenden Gebieten Grundstücke und Häuser kaufen können.

Insgesamt darf ein Ausländer in der Türkei nicht mehr als einen Hektar Grund und Boden besitzen. Diese Bedingungen waren in dem alten Gesetz nicht enthalten. Außerhalb von Stadtbezirken liegt die Obergrenze für ausländischen Immobilienbesitz künftig bei tausend Quadratmetern.

Die Begrenzungen sollen die Anforderung des Verfassungsgerichts erfüllen, den Immobilienverkauf an Ausländer einzuschränken, gleichzeitig aber Nachteile für die als Investoren willkommenen Häuslebauer aus dem Westen vermeiden. Makler in den Feriengebieten der Türkei gehen davon aus, dass die Neuregelungen ausreichen werden, um die Unsicherheit bei den ausländischen Interessenten zu beenden.

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