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Politik: Nur nicht gegen Scharon

Viele israelische Minister halten wenig vom neuen Friedensplan. Da sie offenen Streit fürchten, stimmen sie jedoch zu

Von Charles A. Landsmann,

Tel Aviv

Die israelische Regierung steht wieder einmal vor einer Zerreißprobe. Am heutigen Sonntag entscheidet sie über die so genannte Roadmap (Straßenkarte) zum Frieden mit den Palästinensern. Ministerpräsident Ariel Scharon hat seine grundsätzliche Zustimmung bereits gegeben. Doch die Nationalisten seiner Koalition drohen mit Widerstand. Sie wollen sich nicht allein mit der Erklärung von US-Außenministers Colin Powell und Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice zufrieden geben, dass die israelischen Vorbehalte gegen den Plan bei der Umsetzung berücksichtigt werden.

Im Gegenteil, Uzi Landau, Minister im Amt des Regierungschefs und Chefideologe von Scharons Likud-Block, bezeichnete die Roadmap als „Rezept für Terror“. Der frühere Regierungssekretär und heutige Fraktionsvorsitzende des Likud, Gideon Saar sagte, sie sei „der gefährlichste Plan der jemals für den Nahen Osten erstellt worden ist“. Schließlich kündigte der Parteichef der Nationalreligiösen, Bauminister Effi Eitam, offiziell an, er und seine Ministerkollegen würden gegen die Roadmap votieren.

Insgesamt wird demnach der harte Kern des nationalistischen Regierungsflügels, bestehend aus der Nationalen Union, den Nationalreligiösen, Teilen des Likud und auch ein Shinui-Minister gegen Scharon stimmen. Dennoch ist man in der Umgebung des Premiers sicher, eine Mehrheit zu bekommen. Viele Kabinettsmitglieder werden aber wohl nur zustimmen, weil sie sich nicht offen mit Scharon anlegen wollen – und sind ohnehin überzeugt, dass die Roadmap wie alle bisherigen Friedenspläne bald scheitern wird.

Die Fraktionschefinnen der beiden linken Oppositionsparteien Meretz und Arbeitspartei, Zehava Gal-On und Dalia Itzik, warnten Scharon indes, dass er nicht an „leeren Versprechen, sondern an Taten gemessen“ werde und keinesfalls den Extremisten nachgeben dürfe. Misstrauen schlägt dem Premier auch von der anderen, palästinensischen Seite entgegen: Informationsminister Nabil Amr wertete Scharons Ja zwar als „positiven Schritt“. Sajeb Erekat, der kürzlich als Verhandlungsführer mit Israel zurückgetreten ist, zweifelte jedoch an Scharons Absichten. Er erklärte zudem, „die palästinensische Autonomiebehörde hat von den USA eine Erklärung erbeten über die Art und Weise wie sie die israelischen Vorbehalte zur Roadmap berücksichtigen wollen".

Colin Powell kündigte seinerseits nach Scharons Zustimmung an, seine Regierung werde schon sehr bald eine „Koordinations-Delegation“ in den Nahen Osten entsenden, um Israelis und Palästinenser bei der Umsetzung des neuen Friedensplans zu unterstützen. Unmittelbar nach Verabschiedung der Roadmap durch die israelische Regierung sind zudem gleich zwei israelisch-palästinensische Gipfeltreffen vorgesehen. Im Laufe der nächsten Woche wollen sich zunächst Scharon und der palästinensische Ministerpräsident Mahmud Abbas treffen; am 4. und 5. Juni könnten die beiden Regierungschefs dann mit US-Präsident George W. Bush in Sharm el-Sheikh am Südende der ägyptischen Sinai-Halbinsel zusammenkommen. Eine entsprechende Meldung der „Washington Post“ wurde nicht dementiert. Möglicherweise wird hier auch der ägyptische Staatspräsident Hosni Mubarak mit am Tisch sitzen.

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