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Politik: Obama for President

Eine klare Mehrheit der US-Presse empfiehlt die Wahl des Demokraten

Zumindest bei dieser Auszählung hat Barack Obama schon jetzt gewonnen. Mehr als 120 amerikanische Tageszeitungen empfehlen ihren Lesern, den Kandidaten der Demokraten bei der Wahl am 4. November zum nächsten amerikanischen Präsidenten zu wählen. In ihrer Freitagsausgabe hat sich jetzt die „New York Times“ für Obama ausgesprochen. Er habe „einen kühlen Kopf und einwandfreies Urteilsvermögen bewiesen“, heißt es im Leitartikel. Für seinen Konkurrenten, den Republikaner John McCain sprechen sich dagegen nur 42 Blätter aus. So zählt es „Editor & Publisher“, nach eigenen Angaben „Amerikas ältestes Magazin der Zeitungsindustrie“.

Dass deutsche Medien ausdrücklich die Wahl einer bestimmten Partei empfehlen, kommt so gut wie nie vor. Für viele amerikanische Zeitungen hingegen gehört es zu ihrem Verständnis von einer aktiven und lebhaften Demokratie, sich offiziell für einen Präsidentschaftskandidaten und seine Partei auszusprechen. Endorsement wird so eine Unterstützungserklärung genannt, dafür verantwortlich ist in der Regel die Meinungsredaktion einer Zeitung. Sie ist personell wie auch räumlich vom „Newsroom“ getrennt, in dem über Tonlage und Gewichtung der Nachrichten entschieden wird. Von den Reportern der Blätter würde allerdings niemand erwarten, dass sie sich für das Endorsement ihres Blatts rechtfertigen oder gar politisch gebunden fühlen müssten. Ob sich die Leser durch die Parteinahme ihres Blattes tatsächlich beeinflussen lassen, dafür gibt es keine Erfahrungswerte. Eher wird das Endorsement als Diskussionsbeitrag gesehen.

Die Auflagen der Pro-Obama-Blätter summieren sich auf rund 14,5 Millionen, die der Pro-McCain-Titel auf knapp 3,8 Millionen. Von den Wochen- und Kulturmagazinen stehen sieben wie „The New Yorker“ oder „Esquire“ auf Obamas Seite mit einer Auflage von weiteren 4,2 Millionen, McCain findet dort keine Unterstützung. Beim Großteil der Blätter ist die Parteinahme keine Überraschung, sie gelten generell als Sympathisanten der Demokraten oder Republikaner und hatten bereits in früheren Wahlen den Kandidaten ihres Lagers unterstützt.

Etwa ein Fünftel der Titel hat dagegen die Seite gewechselt, fast durchweg zugunsten der Demokraten. 28 Blätter, die 2004 eine Empfehlung für George W. Bush abgegeben hatten, erklären sich 2008 für Obama. Darunter sind das „Long Beach Press-Telegram“ und weitere sieben Lokaltitel im bevölkerungsreichsten Bundesstaat Kalifornien, der verlässlich demokratisch wählt, im umkämpften Ohio „The Canton Repository“ und weitere zwei Zeitungen. In Texas unterstützt „The Houston Chronicle“ den Demokraten, was freilich nichts daran ändert, dass Texas republikanisch stimmt. Der umgekehrte Wechsel in der Unterstützung vom Demokraten zum Republikaner ist bislang nur vier Mal zu beobachten: „Daily Press“ (Virginia), „The Bradenton Herald“ (Florida), „The Jackson Sun“ (Tennessee) und „Corpus Christi Caller-Times“ (Texas).

Die in Kaliforniens Hauptstadt erscheinende „Sacramento Bee“ schreibt: „Amerikaner sollten sich für die Zukunft entscheiden, nicht das Vergangene. Die Wahl Obamas bedeutet den Bruch mit den letzten acht Jahren.“ Die „Dayton Daily News“ aus Ohio wirft McCain vor, dass er fast nur noch negative Wahlwerbung verbreite, die Obama persönlich herabsetze. Seiner Vizekandidatin Sarah Palin „fehlen in schockierender Weise die Qualifikationen für das Präsidentenamt“. In St. Louis, Missouri, schreibt „Post Dispatch“, eine wichtige Stimme im Mittleren Westen, Obama habe sich in neun Monaten Wahlkampf als konsequenter Advokat einer politischen Wende erwiesen. „Er hat kluge und sehr fähige Berater um sich geschart, die ihm halfen, klare und nuancierte Positionen zu beziehen“, heißt es bei „Post Dispatch“.

Die Blätter, die sich für John McCain aussprechen, heben seine lange Erfahrung und seinen Heldenstatus als Vietnamveteran hervor, der auch durch Kriegsgefangenschaft und Folter nicht gebrochen worden sei. Er vertrete eine Wirtschaftspolitik mit Steuererleichterungen, die Amerika eher helfen könne, die ökonomische Krise hinter sich zu lassen. „The Daily Times Call“ schreibt: „Dies sind Zeiten, in denen Amerika auf innere Reserven zurückgreifen und sich auf seine nationalen Stärken besinnen muss. John McCain hat diese Fähigkeit als Individuum bewiesen.“

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