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ORTSTERMIN: Obamas Erbe

Mehr als ein Jahr hat er gedauert, er war manchmal lahm und häufig spannend. Vor allem am Ende.

Mehr als ein Jahr hat er gedauert, er war manchmal lahm und häufig spannend. Vor allem am Ende. Gewonnen hat der klare Favorit. Der der Europäer. So weit, so gut. Aber was lässt sich aus dem US- Wahlkampf 2012 lernen, was bedeutet sein Ergebnis für uns? Diese Fragen wollte die US-Botschaft in Berlin dann doch noch mit Experten klären, neun Tage nach der Wahl. Das Haus der Kulturen der Welt, ein Geschenk der USA an Deutschland, wie sein Direktor Bernd Scherer am Donnerstagabend betont, bietet sich dafür an. War es doch ein „Kulturkampf“, den wir beobachteten – so zumindest sieht der ehemalige ARD-Journalist Werner Sonne die Auseinandersetzung zwischen Demokraten und Republikanern.

Wäre die Wahl anders ausgegangen, hätte also Mitt Romney gewonnen: Es wäre ein Abend der „Verstehensbemühung“ geworden, umschreibt Scherer die große Kluft zwischen dem Amerika der Republikaner und dem alten Europa. Nun ist es wieder Barack Obama geworden. Und auf ihn warten gigantische Aufgaben. Das „fiscal cliff“ droht (siehe nebenstehenden Text), da der Kongress, gespalten wie das Land, sich selbst blockiert. Die Arbeitslosigkeit ist zu hoch, die Schulden erdrückend. Hat Obama da im Wahlkampf den „richtigen Ton“ getroffen, um die Republikaner nun ins Boot zu bekommen, wie es Botschafter Philip Murphy voraussagt? Oder hat er nicht doch, mit manch herablassender Äußerung über seinen Herausforderer, das Klima verschlechtert und die Chance für Kompromisse geschmälert, wie Tagesspiegel-Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff nahelegt? Die nächsten Tage werden es zeigen.

Josef Braml von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik ist skeptisch. „Die einzige handlungsfähige Institution in Washington ist die Notenbank“, sagt er. Und die drucke Geld, um Probleme zu lösen. Im übrigen orientierten sich die USA zunehmend Richtung Pazifik und weg vom Atlantik: „Europa ist nicht mehr interessant.“ Das mag Murphy nicht stehen lassen: Es gehe nicht um ein Entweder- Oder. Nein, beides müsse sein, das müssten doch auch Europäer verstehen!

Murphy ist es, der den Blick auf die entscheidende Erkenntnis der Wahl lenkt: das zunehmende Gewicht der Einwanderer, Frauen und Jungen. Ohne sie wird in Zukunft wohl niemand mehr US-Präsident. Apropos Frauen: Obama, so hoffen es Murphy und Casdorff, könnte am Ende zum Wegbereiter der ersten Frau im Weißen Haus werden. Das könnte sein Erbe sein. Ein schlechtes wäre es nicht.

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