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Der neue Chef der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, der CSU-Mann Manfred Weber.

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Neuer Fraktionschef im EU-Parlament: Obereuropäer aus Niederbayern

Manfred Weber, der neue Chef der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, ist kein Haudrauf, sondern ein sachlicher, zielorientierter Arbeiter. Sogar die Grünen-Politikerin Rebecca Harms nennt den CSU-Mann "okay".

Ein wenig bange ist ihm Anfang September gewesen, kurz vor der Landtagswahl in Bayern. Aber Manfred Webers Sorge galt nicht dem Ergebnis, das seiner CSU wieder eine absolute Mehrheit bescherte, sondern einem möglichen Anruf von Parteichef Horst Seehofer: Würde der ihn bitten, Minister im neuen Kabinett zu werden? Denn anders als für viele seiner Parteifreunde wäre es nicht Webers höchstes Glück, den Freistaat zu regieren – er wollte lieber in Brüssel bleiben. „Die Europapolitik ist und bleibt eine absolute Zukunftsaufgabe“, sagt der 41-Jährige: „Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich dort meine Rolle sehe.“
Die wird jetzt, nach der Europawahl, noch herausgehobener sein. Die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP), der die deutschen Unionisten angehören, hat den Niederbayern aus der Nähe von Landshut am Mittwoch zu ihrem neuen Vorsitzenden gewählt. Bisher war Weber einer von mehreren Stellvertretern des nun aus dem Parlament ausgeschiedenen Elsässers Joseph Daul. Gegenkandidaten gab es keine, was in einer derart heterogenen Truppe, der auch Rechtsausleger wie Viktor Orbans Fidesz-Partei aus Ungarn oder Silvio Berlusconis Forza Italia angehören, erstaunlich ist.
Da kommt Webers stets freundliche und umgängliche Art gerade recht, um den Haufen beieinander zu halten. Der CSU-Mann, der nach einer kurzen Karriere im Münchner Maximilianeum vor zehn Jahren den Landtag in Richtung Europaparlament verließ, ist kein Haudrauf, sondern ein sachlicher, zielorientierter Arbeiter, der das umstrittene Wahlprogramm seiner Partei zwar mitgetragen, im Wahlkampf aber rein proeuropäische Töne angeschlagen hat. Dass heißt nicht, dass er nicht auch mal holzen könnte – vor allem, wenn es um seine innenpolitischen Steckenpferde wie die Terrorbekämpfung geht, die er wenigstens gleichrangig mit dem Datenschutz sieht. Auch bei der Einwanderung vertritt er nicht eben eine weiche Linie. Und trotzdem wird er quer durch alle politisch konkurrierenden Lager geschätzt.
Martin Schulz, der sozialdemokratische Spitzenkandidat bei der Europawahl, nennt ihn einen „aufrechten Wertkonservativen“ sowie einen „ernsthaften und ehrlichen Verhandlungspartner“. Sogar die grüne Fraktionschefin Rebecca Harms nennt ihn „okay“, wobei sie seine Wahl für „eine echt erstaunliche Personalie“ hält. Und der FDP-Abgeordnete Michael Theurer verleiht Weber das „Prädikat: stramm konservativ mit einem Schuss libertas bavariae“.

Diese Unabhängigkeit hat vielleicht auch damit zu tun, dass er nicht auf die Politik angewiesen ist. Theoretisch könnte Manfred Weber jederzeit in seinen alten Beruf zurückkehren – kurz nach dem Studium in München gründete er zwei Unternehmensberatungen für Umweltmanagement und Arbeitssicherheit. In der Nähe ist er ohnehin ständig. Nur ein einziges Mal in den vergangenen Jahren, berichtet ein Mitarbeiter, habe Weber ein Wochenende nicht in der Heimat verbracht, sondern seiner Frau Brüssel gezeigt – wo er nun weiter Karriere macht.

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