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Politik: Ohne die Jungen

Beim FDP-Neujahrsempfang in NRW bleiben die Alten unter sich – und Möllemann schmiedet neue Pläne

Die Backenknochen verraten die Anspannung. Während sich Andreas Pinkwart gerade durch sein Manuskript quält, mahlen die Kauwerkzeuge von Guido Westerwelle unablässig, schweift sein Blick durch den Raum. Im Gegensatz zum vergangenen Jahr haben nicht einmal halb so viele Menschen den Weg zu den Liberalen nach Düsseldorf gefunden; was der Parteivorsitzende natürlich bemerkt, weil er weiß, dass der Saal dank einer beweglichen Wand erheblich verkleinert worden ist.

Außerdem stellt Westerwelle etwas anderes, weit Gefährlicheres fest: Es fehlen vor allem die jungen Menschen, die beim Neujahrsempfang der Liberalen 2002 sowohl ihn wie Jürgen Möllemann frenetisch gefeiert und die kleinen bunten Fähnchen mit der Zahl 18 geschwenkt haben. Blau-gelbe Fähnchen stehen jetzt zwar auch auf dem Tisch, aber angesichts der Redekunst des neuen Landesvorsitzenden Pinkwart gerät niemand in Verzückung, viele unterhalten sich und der Geräuschpegel wird nur mühsam durch die Lautsprecheranlage überdeckt.

Dabei kann sich Westerwelle inhaltlich nicht einmal beklagen. Der neue Vorsitzende des größten Landesverbandes wirbt für die Strategie von Unabhängigkeit und Wachstum, sucht seine Partei als Hüterin des Rechtsstaats zu positionieren. Ingo Wolf, der neue Chef der Landtagsfraktion, wird wenig später eine ähnliche Tonlage anstimmen. Als die beiden ihre Vorträge beendet haben, wird Westerwelle sie als Erstes loben und als die Zukunft der FDP anpreisen.

Danach wird er bald eine halbe Stunde zu allen aktuellen Themen etwas sagen. Er greift die Bundesregierung bei der Wirtschaftspolitik voll an: „Rot-grün hat total versagt"; er wird die FDP den Arbeitslosen empfehlen: „Wir sind die Lobby derjenigen, die Arbeit wollen“ und zum Schluss warnt er die Regierung vor einem verdeckten Einsatz der Armee in einem möglichen Irak Krieg ohne Zustimmung des Bundestages: „Dann sehen wir uns vor dem Verfassungsgericht wieder". Das eine Thema aber, über das fast alle am Rande der Veranstaltung reden, lässt Westerwelle aus: Er sagt kein Wort zu Möllemann.

Andreas Pinkwart hatte immerhin davon gesprochen, dass erst die Auseinandersetzung um Möllemann die Hoffnungen auf ein zweistelliges Wahlergebnis zerstört habe. Und ganz nebenbei kündigt er eine kleine Änderung im Ablauf der Veranstaltung an. Während dort Hans-Dietrich Genscher als Redner aufgeführt ist, muss Pinkwart darauf hinweisen, dass der Ehrenvorsitzende wegen einer Verpflichtung rings um die deutsch-französischen Feierlichkeiten unabkömmlich sei und nur seine Grüße entbiete. Jürgen Möllemann wusste dies vorher allerdings schon besser. Dem einen oder anderen hatte er im Laufe der Woche erzählt, dass er wieder viel mit Genscher telefoniere und der nach einem Weg suche, wie man ihn mit der Partei versöhnen könne. Wer dieser Version folgt, ahnt natürlich, dass Genscher nicht aufgetreten ist, weil er öffentlich nicht gegen seinen einstigen Zögling treten wollte. Der wird am Dienstag einen wichtigen Tag in seiner politischen Karriere begehen. Morgens wird er sich der Anhörung der Landtagsfraktion stellen und vehement gegen den Rauswurf kämpfen. „Ich strecke meine Hand wieder aus und da sollte es sein wie unter Ehepartnern“, sagte er dem Tagesspiegel, „man streitet sich manchmal heftig, aber anschließend versöhnt man sich wieder.“ Abends wird er dann vor mehreren hundert Anhängern zur politischen Lage in der Republik reden. „Da wird es nichts geben, was einen rechten Verdacht erregt“, verspricht er. Dass sie ein breites Echo finden, steht schon jetzt fest. Für den Dienstagabend haben sich alle führenden Fernsehsender angemeldet.

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