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Politik: Ohne König in 18 Monaten

Ihre Regierung will sich von Madrid trennen – aber die Basken sind uneins

Der Ärger ist programmiert: Die Regionalregierung des nordspanischen Baskengebietes stellte am Wochenende die Weichen für die weitgehende Loslösung des aufmüpfigen Territoriums vom Königreich. Innerhalb von 18 Monaten soll die Abspaltung besiegelt werden. Erst durch das baskische Regionalparlament, dann durch ein Referendum unter den gut zwei Millionen Basken. Spaniens konservative Regierung droht, ausnahmsweise einig mit der sozialistischen Opposition, die Abspaltung zu verhindern. Der Abschiedsplan komme einem „Verrat“ und einem Anschlag auf die Verfassung gleich. Die Aussichten dieses Unabhängigkeitsstrebens, beschied Ministerpräsident Jose Maria Aznar kühl, seien „gleich Null“.

Der regionale Regierungschef Juan Jose Ibarretxe, dessen Baskische Nationalistenpartei die Souveränität ihrer Einflusszone zum Ziel Nummer eins erklärte, lässt sich von diesen Drohgebärden nicht beeindrucken. Sicherheitshalber hat er in seinem Gesetzesentwurf für eine „Baskenregion, die frei an den spanischen Staat assoziiert“ ist, sämtliche Justizvollmachten wie auch sonst fast alle Staatsgewalten seiner Region zugesprochen. Die von Spaniens Zentralregierung angekündigte gerichtliche Annullierung des Trennungsprozesses wird Ibarretxe, der sich bisher schon bei unbequemer spanischer Rechtssprechung in Ungehorsam übte, wahrscheinlich ignorieren.

„Das baskische Volk“, sagt Ibarretxe, „hat das Recht, über seine Zukunft frei zu entscheiden.“ Doch das Volk ist uneins. Knapp die Hälfte steht auf der Seite Spaniens. Die Mehrheit von Ibarretxe und seiner politischen Freunde fiel bei der letzten Regionalwahl nicht überaus deutlich aus. Dennoch deutet einiges darauf hin, dass die Unterstützung für die Separatisten nicht kleiner, sondern größer wird. Zumal die Wähler des inzwischen verbotenen politischen Arms der baskischen Terror-Organisation ETA, immerhin rund zehn Prozent der Bevölkerung, das nächste Mal wohl ebenfalls für Ibarretxe stimmen werden. Schließlich führt sein Plan in Richtung jener Unabhängigkeit, in deren Namen die ETA mit ihren Anschlägen bisher mehr als 800 Menschen umbrachte.

Enrique Villar, der Statthalter der konservativen Zentralregierung in der Region, bezeichnete das Baskenland als „feindselig“. Auch Spaniens Militär, zu dessen Auftrag die Wahrung der spanischen Einheit gehört, ist beunruhigt und entwirf Szenarien für den Ernstfall. Doch der Chef und politische Strippenzieher der Baskenpartei, Xabier Arzalluz, der auch als heimlicher Vater des Loslösungsplanes gilt, richtete unverblümt an die Adresse Spaniens: „Sie sollten sich keine falschen Hoffnungen machen, sie werden es nicht verhindern können.“

Ralph Schulze[Madrid]

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