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Es werde Licht. Eine beim Teri-Institut entwickelte Solarlampe beleuchtet abends Hütten indischer Familien. Doch zum Kochen verwenden viele noch immer Holzkohle.

© AFP/Teri

Robert Bosch Academy: Ökologie der Armut

Leena Srivastava kämpft dafür, dass in Indien weniger Ressourcen verbraucht werden.

1972 hat die damalige indische Premierministerin Indira Ghandi bei der ersten Weltumweltkonferenz in Stockholm gefordert: „Wir müssen armen Bevölkerungen der Welt beweisen, dass Ökologie und Umweltschutz nicht gegen ihre Interessen stehen, sondern ihr Leben verbessern.“ Diese Forderung ist bis heute weitgehend unerfüllt geblieben. Aber für Leena Srivastava ist sie wesentlicher Antrieb für ihre Arbeit der vergangenen 30 Jahre. Leena Srivastava gehört zum Leitungsgremium des renommierten Teri-Instituts in Neu-Delhi, und sie ist Vize-Kanzlerin der deutlich jüngeren Teri-Universität.

Mit ihr als erster Stipendiatin startete das Richard von Weizsäcker Fellowship, das nun Kernelement der neuen Robert Bosch Academy ist. 2012 und 2013 hat sie jeweils für mehrere Wochen in Berlin-Mitte gearbeitet und ihr weltweites Netzwerk weitergesponnen. Ihr neuestes Projekt ist ein Forschungsprogramm zu Umwelt und Gesundheit. „In Deutschland habe ich nach Partnern dafür gesucht“, berichtet sie. Was Leena Srivastava bei ihren Aufenthalten in Berlin aufgefallen ist, sind die Forschungsbedingungen in Deutschland: „In Indien ist es sehr schwer, Geld für die Forschung verfügbar zu machen.“

Das bremse sie aus. In Deutschland dagegen sei die Forschung gut ausgestattet und Ergebnisse schneller sichtbar. Und dann erzählt Srivastava von einer Beobachtung, die manchen Kritiker des deutschen Wesens überraschen dürfte. „In Indien“, sagt sie, „ist die Risikowahrnehmung von Forschungsergebnissen unangemessen hoch.“ Deshalb findet sie, „ist Forschung in Indien viel anstrengender als in Deutschland“. Die 1960 geborene Ökonomin hat schon früh bei Teri angedockt, das 1974 gegründet wurde – denn das Institut war in Indien lange Zeit der einzige Ort, an dem die nachhaltige Entwicklung eine Rolle spielte.

Die deutsche Energiewende sei „inspirierend“

Für Leena Srivastava gehören die Überwindung von Armut und der Schutz der Ressourcen, der Umwelt und der Natur unmittelbar zusammen. In einer Diskussion mit Dirk Messner, dem Chef des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE), beschrieb Srivastava, wie sie sich eine weniger zerstörerische Entwicklung in Indien vorstellen kann. Ganz wichtig sind ihr beispielsweise „grüne Gebäude“. Am Teri gibt es eine ganze Abteilung, die daran arbeitet, wie mit weniger Ressourcen energieeffizienter gebaut werden kann.

Die indische Regierung ist dem Rat ihrer Fachleute gefolgt und hat entsprechende Vorgaben für Neubauten gemacht. Da in Indien in den kommenden Jahrzehnten sehr viele Häuser gebaut werden, machen solche Vorgaben einen großen Unterschied. Die deutsche Energiewende findet Srivastava „inspirierend“, wie sie dem Portal Deutschland.de sagte. „Deutschlands energiepolitische Initiativen schaffen völlig neue Perspektiven für politische Innovationen, technischen Fortschritt, Kooperationspartnerschaften und Forschungsziele.“

Aber die indischen Bedingungen sind völlig anders. Dort haben allein 400 Millionen Menschen keinen Strom, etwa 600 Millionen kochen mit Holz, Holzkohle, Dung oder anderer traditioneller Biomasse – mit massiven Auswirkungen auf die Gesundheit, wegen der Rauchschwaden. Die Folgen für die Umwelt sind ebenfalls dramatisch, weil Wälder abgeholzt werden, um zu kochen. Das wiederum wirkt auf den Wasserhaushalt sowie das lokale Klima und trägt in einigen indischen Regionen zur Wüstenbildung bei.

Dennoch fordert Srivastava, dass die neue Energieinfrastruktur in Indien auf erneuerbare Energien bauen sollte und nicht auf klimaschädliche Kohlekraftwerke. Wobei sie diese mittels der in Deutschland sehr umstrittenen CCS-Technologie, bei der Kohlendioxid aufgefangen und im Untergrund verpresst wird, zumindest klimapolitisch etwas entschärfen möchte. Kein Wunder, dass Leena Srivastava mit ihrem Wissen in den Fachbeirat der globalen Initiative „Nachhaltige Energie für alle“ berufen worden ist. Die Forschung allein ist für Leena Srivastava nie genug gewesen. Sie will schon auch Spuren in der Realität hinterlassen. Bisher ist ihr das gut gelungen.

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