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Politik: Opposition, oder doch Schwarz-Grün?

Im Südwesten tun sich die Alternativen mit der Koalitionsdebatte schwer

„Schwere Frage …“, druckst Winfried Kretschmann. Auch die Grünen, quält er sich nach einer halben Schreckminute, bräuchten einen Spitzenkandidaten, „… weil Journalisten zugespitzte Alternativen“ suchen und die politische Auseinandersetzung eben über Personen laufe. Der eher spröde Fraktionschef der Grünen in Baden-Württemberg ist nun auch deren Spitzenmann für die Landtagswahl im März 2006. 88 Prozent der 200 Delegierten haben ihn gewählt. Vom Wahlergebnis ist er „schon ein bisschen überwältigt“. Vielleicht auch, weil er als einer gilt, mit dem Schwarz-Grün vorstellbar ist.

Vor allem diese Koalitionsfrage trieb den dreitägigen Parteikonvent denn auch um. Tenor: Bloß keine Koalitionsdebatte, denn die könnte Wähler verprellen auf dem Weg zum Ziel, zweistellig „und stärker als die FDP“ zu werden. Das waren sie bei der Landtagswahl 1996 mit 12,1 Prozent schon mal, sackten 2001 auf 7,7 Prozent und damit knapp hinter die FDP ab. Also distanzieren sie sich wie der Bundesvorsitzende Reinhard Bütikofer oder preisen, wie der ebenfalls aus Baden-Württemberg kommende Fraktionschef der Bundestagsfraktion, Fritz Kuhn, einen „eigenständigen, programmatischen Wahlkampf“. Angesichts des „eklatanten Modernisierungsdefizits“ der CDU empfiehlt Kuhn, „die ganzen Koalitionsspekulationen“ zu vergessen und „Premium-Opposition“ zu werden.

Auch Andreas Braun, zum vierten Mal wiedergewählter und damit dienstältester Landeschef, gibt sich tapfer: „Opposition at it’s best“ wolle man machen, und weil die CDU sich schon auf die FDP festgelegt hat, lasse man nicht zu, dass der neue Regierungschef Günther Oettinger sich „mit schwarz-grünem Geplänkel“ auf Kosten der Alternativen profiliere: „Wir sind nicht die Marketing-Manager, die Oettinger einen modernen Anstrich verpassen“. Allerdings: Den „banalen“ Wunsch, nach 25 Jahren Opposition im Land endlich einmal mitzuregieren, leugnet Braun nicht. Andere werden deutlicher: Der Landtagsabgeordnete Boris Palmer, Sohn des legendären Bürgerrechtlers und „Remstal-Rebellen“, sieht seine Partei im „ Aufmerksamkeitsloch“ und sagt, die Stärke der Grünen ergebe sich nicht aus guter Opposition, sondern aus einer Beteiligung an der Regierung.

Die knapp 200 Delegierten fegen das „hasenfüßige“ Begehren des Parteinachwuchses, Schwarz-Grün schon drei Monate vor der Wahl einfach per Abstimmung zu verbieten, mit überragender Mehrheit vom Tisch. Jetzt heißt die Formulierung salomonisch: Koalitionsspekulationen „entbehren jeder Grundlage, so lange die Union sich sozial und ökologisch verantwortlicher Politik entzieht“. Winfried Kretschmann hatte schon zwei Tage vorher gewusst, „dass dieser Antrag keine Mehrheit bekommt“. Aber der im Vergleich zu seinen Vorgängern Kuhn und Salomon wenig geschmeidige Spitzenkandidat erinnert trotzig daran, wie Fritz Kuhn 1992 Sondierungsgespräche mit Erwin Teufel geführt hat. „Wir haben keine Angst vor der CDU.“

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