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Politik: Orthodoxe Schas-Partei droht mit Austritt aus Regierungskoalition

Die religiös-ethnische Schas-Partei hat ihren Austritt aus der israelischen Regierungskoalition angekündigt. Doch noch sind die Minister-Rücktritte nicht erfolgt, weshalb die Chancen, dass Ehud Barak seine Regierung zusammenhalten kann, nicht schlecht stehen.

Die religiös-ethnische Schas-Partei hat ihren Austritt aus der israelischen Regierungskoalition angekündigt. Doch noch sind die Minister-Rücktritte nicht erfolgt, weshalb die Chancen, dass Ehud Barak seine Regierung zusammenhalten kann, nicht schlecht stehen. Ohne die 17 Schas-Abgeordneten hat Baraks Koalition nur 51 der 120 Abgeordneten hinter sich. Barak müsste dann ohne Parlamentsmehrheit in die entscheidenden Friedensverhandlungen mit Syrien und den Palästinensern gehen.

Die Schas-Partei der ultraorthodoxen Juden war der große Sieger bei den letztjährigen Knessetwahlen. Seitdem ist sie ein äusserst unsicherer Kantonist in der von der Arbeitspartei dominierten Regierung Barak. Fortlaufend kam es zu internen Krisen und heftigen Zusammenstössen zwischen ihr und insbesondere Erziehungsminister Jossi Sarid, dem Chef der links-sekulären Meretzpartei. Dabei ging es um die Finanzierung des Schas-eigenen Schulsystems. Nur aus diesem Grunde hatte der Schas-Gründer und -Patron, der ehemalige Landesoberrabbiner Ovadia Josef, die 17 Abgeordneten zur Koalitions-Teilnahme verpflichtet.

Schas musste Sarid und Finanzminister Abraham Baige Schohat immer und immer wieder nachgeben. So wurde der Chef der Schas-Schulen wegen finanzieller Unregelmässigkeiten entlassen, über zwanzig Zwergschulen geschlossen, Klassen zusammengelegt und schliesslich gar die künftigen Geldüberweisungen von staatlicher Kontrolle des Unterrichtes abhängig gemacht. Die gesamten Schas-Hoffnungen auf eine Schuldtilgung und finanzielle Sanierung ruhten auf dem Staatsbudget 2000. Doch Sarid und Schohat stellten weitere Bedingungen, die auch von einem unparteiischen Vermittler gedeckt wurden. Mitten in die Abschlussverhandlungen über eine Einigung platzte Schas-Parteichef, Arbeits- und Sozialminister Eli Yishai, mit der Ankündigung, seine Partei trete auf Weisung des von Rabbi Ovadia Josef angeführten "Rates der Thora-Weisen" aus der Koalition aus. Mit dem bis Jahresende zu verabschiedenden Budget blieben alle "gesellschaftlichen Probleme ungelöst" und "Schas wird in der Regierung wie ein Stiefkind behandelt".

Der um seine parlamentarische Mehrheit besorgte Ministerpräsident Ehud Barak bat Yishai um eine 24-stündige Gnadenfrist bis zur Einreichung der Rücktrittsschreiben der vier Schas-Minister. Deren Demissionen würden wiederum erst 48 Stunden später in Kraft treten, sodass Barak noch eine Zeitspanne von drei Tagen zur Verfügung hat, um seine Regierung in der gegenwärtigen Zusammensetzung zu retten. Staatspräsident Eser Weizman griff sofort ein und versuchte in einem Gespräch mit Schas-Chef Yishai diesen zu überzeugen, in der Regierung zu verbleiben. Am Vortag noch hatte sich Weizman zu Ex-Oberrabbiner Ovadia Josef begeben, um dessen Zustimmung zum Abzug von den Golan-Höhen im Rahmen eines Friedensvertrages mit Syrien zu gewinnen. Nur die wenigsten Beobachter rechnen unterdessen damit, dass Schas tatsächlich von den finanziell gut gepolsterten Sitzen am Kabinettstisch auf die harten Oppositionsbänke wechseln wird. Die Rücktrittsankündigung wird nur als Drohung verstanden, um endlich an die eingeforderten Millionen zu gelangen.

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