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Politik: Otto Schily und das NPD-Verbot: Regierung und CDU halten an NPD-Verbot fest

Nach der V-Mann-Panne im NPD-Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht wachsen auch in der Union die Zweifel an der Stichhaltigkeit der Verbotsanträge gegen die rechtsextreme Partei. Führende CDU-Politiker sprachen sich am Montag in Berlin dafür aus, die Anträge noch einmal genau zu prüfen.

Von Frank Jansen

Nach der V-Mann-Panne im NPD-Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht wachsen auch in der Union die Zweifel an der Stichhaltigkeit der Verbotsanträge gegen die rechtsextreme Partei. Führende CDU-Politiker sprachen sich am Montag in Berlin dafür aus, die Anträge noch einmal genau zu prüfen. Innenminister Otto Schily (SPD) habe einen "Riesenschaden" für das Ansehen Deutschlands verursacht, kritisierte CDU-Chefin Angela Merkel.

Zum Thema Hintergrund: NPD - Führerprinzip und starker Staat Stichwort: V-Leute, Anstifter und verdeckte Ermittler Dennoch wollen Regierung und CDU das NPD-Verbotsverfahren weiter vorantreiben. Dagegen hatte die FDP gefordert, die Anträge zurückzunehmen. Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye gab zu bedenken, die rechtsextreme Szene könnte eine Rücknahme der Anträge als Ermutigung verstehen.

Trotz der V-Mann-Affäre hält der Bevollmächtigte des Bundestags im NPD-Verfahren, Günter Frankenberg, eine komplette Überarbeitung der Verbotsänträge für nicht nötig. Der als V-Mann enttarnte Ex-NPD-Funktionär Wolfgang Frenz sei "ein größerer Mosaikstein des Antrags, aber kein tragender Pfeiler". Die nordrhein-westfälische Landesregierung dementierte, dass Frenz angewiesen worden sei, seine V-Mann-Vergangenheit im Karlsruher Verfahren nur auf Nachfrage zu offenbaren. Das Düsseldorfer Innenministerin wies diese Behauptung, die Frenz gegenüber dem ARD-Magazin "Report" aufgestellt hatte, als falsch zurück.

Wäre das Bundesverfassungsgericht bereit gewesen, die V-Mann-Tätigkeit von Wolfgang Frenz hinzunehmen? Die Reaktion der Richter auf den Fall Tino Brandt lässt darauf schließen. Der stellvertretende Vorsitzende der thüringischen NPD und Chef der Neonazi-Kameradschaft "Thüringer Heimatschutz" war im Mai 2001 als V-Mann enttarnt worden. Da lagen bereits alle drei Verbotsanträge in Karlsruhe vor.

NPD-Anwalt Hans Günter Eisenecker erwähnte den Fall Brandt in seiner Stellungnahme zum Verbotsantrag des Bundesrates. Nach Ansicht von Eisenecker beweist die V-Mann-Tätigkeit Brandts, dass die NPD "auf der Opferseite" von Gewalt und anderen Machenschaften "betroffen" sei. Eiseneckers Stellungnahme scheint so unfreiwillig auch Bedenken des Bundesverfassungsgerichts gemildert zu haben.

Obwohl der nordrhein-westfälische NPD-Mann Wolfgang Frenz anders als Brandt seit 1995 nicht mehr als V-Mann tätig war, hat das Bundesverfassungsgericht heftig reagiert. Dafür ist das Innenministerium verantwortlich. Der Abteilungsleiter habe bei seinem "berühmten Anruf" am 16. Januar nicht erwähnt, dass Frenz längst als V-Mann abgeschaltet war, sagt die Sprecherin des Gerichts. Und betont: Frenz sei kein Rechtsextremist, "der nur dabei war", sondern eine "Stütze für den Antisemitismus-Vorwurf" gegen die Partei.

Im Zusammenhang mit der Affäre ermittelt nun auch die Justiz. Die Berliner Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen wegen des Verdachts des Geheimnisverrats auf.

Ende einer Karriere

Ende einer Extremistenkarriere: Die NPD wirft den als V-Mann enttarnten Spitzenfunktionär Udo Holtmann hinaus. Das Parteipräsidium habe am Sonntag ein Ausschlussverfahren eingeleitet, sagte NPD-Bundesgeschäftsführer Frank Schwerdt. Holtmann sei "von allen Mitgliedsrechten und Parteiämtern suspendiert". Der bullige Druckerei-Besitzer zählte zu den Parteiveteranen - bereits 1966 war er in die NPD eingetreten. Zwei Jahre später stieg er in den nordrhein-westfälischen Landesvorstand auf. Holtmann baute den berüchtigten Ordnerdienst auf und wurde 1977 in den Bundesvorstand gewählt. Seit den 70er Jahren soll er Informationen an das Bundesamt für Verfassungsschutz weitergegeben haben. In den Verbotsanträgen von Bundestag und Bundesrat wird Holtmann mit dem kryptischen Zitat erwähnt, die Summe aller schlechten Nachrichten sei ein Völkermord am deutschen Volk. Solche Täter verdienten die Todesstrafe.

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