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Musharraf

© AFP

Pakistan: Pokern um die Macht

Pakistans Präsident Musharraf ist im Amt bestätigt worden. Das Oberste Gericht will aber nun darüber beraten, ob er überhaupt hätte antreten dürfen.

Um drei Uhr nachmittags war die Wahl vorbei, und wenig später verkündeten Mitglieder der Wahlkommission: Präsident Pervez Musharraf ist von den – anwesenden – Mitgliedern des pakistanischen Parlaments und der Provinzversammlungen fast ohne Gegenstimmen im Amt bestätigt worden. Nur heißt das nicht, dass er tatsächlich für weitere fünf Jahre regieren darf. Am Freitag hatte Pakistans Oberster Gerichtshof geurteilt, das offizielle Wahlergebnis sei erst zu verkünden, wenn das Gericht über weitere Klagen gegen Musharraf entschieden habe. Es geht darum, ob Musharraf, der seit seinem Putsch 1999 Armeechef geblieben ist, erneut „in Uniform“ zur Präsidentenwahl hätte antreten dürfen. Auch am Samstag gingen wieder tausende Menschen auf die Straße, um gegen den General zu demonstrieren.

Das Gericht lässt sich Zeit: Erst am 17. Oktober will es die Beratungen darüber beginnen und hat mit dieser Ankündigung eine weitere Runde im seit Monaten andauernden Poker um die Macht begonnen. Theoretisch könnte ein Beschluss bis zum 15. November hinausgezögert werden. Dann endet Musharrafs Amtszeit offiziell, dann soll das Parlament aufgelöst werden, und spätestens für diesen Tag hat Musharraf seinen Rücktritt als Armeechef angekündigt – wenn er als Präsident wiedergewählt worden ist.

Proteste gegen den Präsidenten

Aus Protest gegen Musharraf hatten in den vergangenen Tagen viele Oppositionsmitglieder ihr Mandat niedergelegt; ihrer Ansicht nach hätte erst das Parlament gewählt werden sollen, bevor die neue Volksvertretung dann den neuen Präsidenten bestimmt. Jedoch dürften Musharrafs Anhänger bei den nächsten Wahlen im Januar nicht mehr die Mehrheit bekommen, das Ansehen des Alleinherrschers hat besonders im vergangenen halben Jahr stark gelitten. Wohl deshalb und auf Druck der USA hin, die den engen Verbündeten im Antiterrorkrieg weiter in Richtung Demokratie drängen wollen, hat Musharraf zuletzt mit Pakistans Ex-Regierungschefin Benazir Bhutto über einen Deal verhandelt. Der Plan: Bhutto kehrt nach acht Jahren im Exil zurück, ihre PPP, die größte Oppositionspartei, geht ein Bündnis mit Musharraf ein, und Benazir wird nach der Wahl ein drittes Mal Premierministerin – unter dem Präsidenten Pervez Musharraf.

Aus Sicht von Christian Wagner, Pakistanexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik, handelt es sich um einen "für den Rechtsstaat katastrophalen Schritt“, dass Musharraf Benazir und Familie eine Amnestie für alle Korruptionsvorwürfe aus der Zeit zwischen 1985 und 1999 genehmigt hat. Nicht einmal alle PPP-Mitglieder scheinen den Deal mit dem Präsidenten gutzuheißen. So nahmen auch die PPP-Parlamentarier am Samstag demonstrativ nicht an der Wahl teil, was dieser etwas mehr Legitimität verliehen hätte.

Dabei war Musharraf der Opposition auch durch die Ankündigung, am Montag Afshaq Pervez Kiani zum Vizearmeechef und designierten Nachfolger zu ernennen, durchaus entgegengekommen. Kiani, früher Chef des mächtigen Geheimdienstes ISI, soll im Militär einen sehr guten Ruf genießen als ein Mann der Tat, der sich aber selbst nicht in den Vordergrund drängt. Seine Effizienz hat er bereits bewiesen – einmal bei den Ermittlungen gegen die Attentäter gegen Musharraf im Jahr 2003, besonders aber in den acht Monaten nach dem Attentat von Islamisten auf Indiens Parlament im Oktober 2001. Damals standen die beiden Atommächte kurz vor einem Krieg, Freunde Kianis sagen, dass es ihm und seinem Kontakt auch zum indischen Militär zu verdanken ist, dass dieser nicht eintrat. Nun aber fragt sich, ob Präsident und General Musharraf bereit ist, die Entscheidung des Obersten Gerichts über seine Wiederwahl abzuwarten – zumal am 18. Oktober Benazir Bhutto in der Hafenstadt Karachi zurückerwartet wird. Eines aber scheint außerordentlich unwahrscheinlich: dass er ein Urteil akzeptieren würde, das ihm den Wahlsieg aberkennt.

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