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Rückenstärkung. Präsident Petro Poroschenko (rechts) drängte Ministerpräsident Arseni Jazenjuk (links), im Amt zu bleiben. Das Parlament lehnte schließlich den Rücktritt Jazenjuks mit klarer Mehrheit ab.

© dpa

Parlament verhindert Rücktritt des Ministerpräsidenten: Regierungskrise in der Ukraine abgewendet

Das Parlament lehnt den Rücktritt von Ministerpräsident Jazenjuk ab – und der kann Teile seiner Forderungen durchsetzen.

Während im Osten der Ukraine die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten unvermindert anhalten, ist am Donnerstag in der Hauptstadt Kiew eine Regierungskrise abgewendet worden. Die Werchowna Rada, das ukrainische Parlament, lehnte mit 323 Stimmen den von Ministerpräsident Arseni Jazenjuk angekündigten Rücktritt ab. Die 16 Gegenstimmen kamen aus den Fraktionen der Kommunisten und der früheren Regierungspartei Partei der Regionen sowie von einigen Fraktionslosen.

Präsident Petro Poroschenko und Jazenjuk demonstrierten bei ihrem Auftritt vor den Parlamentariern Geschlossenheit. Die Rada hatte hinter verschlossenen Türen den gesamten Vormittag über Jazenjuks Rücktritt sowie eine Reihe wichtiger Gesetze abgestimmt. Das komplette Kabinett war erschienen. Auf den Rängen, wo sonst Medienvertreter ihre Plätze haben, saßen Politiker aus den verschiedenen Regionen der Ukraine, unter anderem auch Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko.

Bevor sich die Politiker zur Abstimmung einfanden, machte der Parteichef der nationalistischen Freiheitspartei Swoboda, Oleg Tjanibok, deutlich, dass es durchaus Kritik an Jazenjuks Vorschlägen gibt. „Mit uns ist eine Privatisierung des Gastransportsystems, das vorsieht, 49 Prozent an Investoren aus dem Ausland zu vergeben, nicht zu machen. Auch viele europäische Energieunternehmen sind im Teilbesitz der russischen Gazprom“, betonte Tjanibok vor einem Großaufgebot von Medienvertretern.

Regierungschef Jazenjuk mahnte die Abgeordneten noch einmal zu mehr Haushaltsdisziplin und zu Reformen. Er warnte vor dem Beispiel Argentiniens. Anders als in dem südamerikanischen Land soll es in der Ukraine keinen Staatsbankrott geben. Präsident Poroschenko unterstrich in seiner Ansprache ein weiteres Mal die Notwendigkeit von Neuwahlen: „Heute ist jedem klargeworden, dass unser Land Neuwahlen braucht. Über 80 Prozent der Ukrainer unterstützen diese Idee.“

Jazenjuk hatte sein Verbleiben im Amt an die Bedingung geknüpft, dass mehrere Gesetze, unter anderem zur Fortführung des Anti-Terror-Einsatzes, verabschiedet werden. Auch er forderte auf einer Pressekonferenz baldige Neuwahlen. „Die Privatisierung des Gastransportsystems sollte nicht in dieser Zusammensetzung der Rada zur Abstimmung kommen“, sagte er. Damit machte er klar, dass er auch einer zweiten Lesung des Vorhabens am 12. August keine Erfolgschancen einräumt.

Die Regierung will den Energiesektor des Landes komplett neu strukturieren. Vor allem die Gasindustrie soll modernisiert werden. In Zukunft soll der ukrainische Staat noch 51 Prozent des maroden Gastransportsystems behalten, 49 Prozent sollen an ausländische Investoren gehen. Jazenjuk will aus der EU und den USA etwa vier Milliarden US-Dollar zur Renovierung des Systems erhalten.

Unterdessen kesselte die ukrainische Armee nach eigenen Angaben die von Separatisten kontrollierte Großstadt Lugansk ein. Örtliche Behörden erklärten, die Einwohner seien von der Lebensmittelversorgung abgeschnitten, die Vorräte schwänden mit jedem Tag. Die ukrainische Armee erklärte, sie habe einen Korridor eingerichtet, durch den die Einwohner aus der Stadt fliehen könnten. mit rtr

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