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Parlamentswahl: Libanon: Kommt die Hisbollah an die Macht?

Im Libanon wird am Sonntag gewählt. Ist es eine Wahl zwischen "Krieg und Frieden", wie jüngst ein libanesischer Politiker behauptete? Oder geht es bei der künftigen Machtverteilung im Beiruter Parlament eher um einen Sieg mit symbolischer Bedeutung?

Die beiden politischen Blöcke, die sich gegenüberstehen, sind nahezu gleich stark. Auf der einen Seite die westlich orientierten und sunnitisch dominierten Parteien unter der Führung von Premier Fuad Siniora und Saad Hariri, Sohn des ermordeten Regierungschefs Rafik Hariri. Auf der anderen Seite die schiitische Hisbollah, unterstützt von Syrien und Iran, im Bündnis mit der Freien Patriotischen Bewegung des Christenpolitikers Michel Aoun - ehemaliger General, erbitterter Gegner Syriens und 2005 nach 15 Jahren Exil in seine Heimat zurückgekehrt.

587 Kandidaten bewerben sich um die 128 Sitze, deren Verteilung auf die 16 religiösen Gruppen - Sunniten, Schiiten, Drusen sowie verschiedene christliche Konfessionen - per Proporzsystem seit Jahrzehnten feststeht. Entsprechend werden auch die höchsten Posten im Staat zugeordnet: Der Präsident ist stets ein maronitischer Christ, der Premierminister ein Sunnit und der Sprecher des Parlaments ein Schiit. Trotzdem bilden diesmal die christlichen Wähler für das Parlament das Zünglein an der Waage: Wählen sie Ex-General Aoun, unterstützen sie Hisbollah und deren populären Chef Scheich Hassan Nasrallah. Wählen sie prowestliche christliche Kandidaten, unterstützen sie den sunnitischen Regierungschef Siniora und sein Bündnis "14. März".

200 internationale Beobachter bereits im Land

Gut 3,2 Millionen Libanesen sind wahlberechtigt. Viele von ihnen leben im Ausland und müssen dafür eigens in ihre Heimat reisen. Denn das Wahlrecht sieht eine Stimmabgabe außerhalb der Landesgrenzen nicht vor. Mehr als 200 internationale Beobachter sind bereits in den Zedernstaat eingetroffen, um den Urnengang zu überwachen. 50.000 Soldaten und Polizisten patrouillieren am Sonntag durch die Straßen und sollen dafür sorgen, dass es nach Bekanntgabe der Ergebnisse nicht zu Gewalttaten kommt.

Doch egal, welcher der beiden Bündnisblöcke am Ende vorne liegt, ohne Kooperation mit der gegnerischen Seite wird es im Libanon keine neue stabile Regierung geben. Gewinnt das prowestliche Lager und blockiert Hisbollah, drohen erneut innere Unruhen wie bereits 2008. Damals starben bei bewaffneten Kämpfen zwischen sunnitischen und schiitischen Milizen mehr als 100 Menschen. Bestimmt dagegen "die Partei Gottes" den neuen Regierungschef mit General Aoun als Steigbügelhalter und verweigern die prowestlichen Abgeordneten die Zusammenarbeit, drohen dem Libanon internationale Isolierung und eine rasch wachsende Abhängigkeit von Syrien und Iran. Denn der Westen könnte überreagieren, den Wahlsieg Nasrallahs mit der Machtübernahme der Hamas im Gazastreifen oder der Taliban in Islamabad gleichsetzen. Die USA, die Hisbollah als Terrororganisation einstufen, haben für diesen Fall bereits angekündigt, die gerade angelaufenen Militärhilfen für die libanesische Armee einzustellen. Und wenn dann noch die reichen Ölstaaten wie Saudi-Arabien und die Golfemirate ihre finanziellen Transfers streichen und alle Investitionen einfrieren, könnte dies rasch in einem Kollaps der fragilen libanesischen Wirtschaft münden.

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