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Politik: Parole Postkarte

Die SPD verspricht einen bürgernahen Wahlkampf.

Berlin - Peer Steinbrück lässt sich auf der Hauptwache in Frankfurt am Main blicken, Frank-Walter Steinmeier in der Wiesbadener Innenstadt und Sigmar Gabriel am Johanner Markt in Saarbrücken. Die Troika der SPD schwärmt in den nächsten Tagen aus, um mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen – jenseits des Berliner Politikbetriebs. 1,3 Millionen Postkarten wurden gedruckt. Gesucht wird bundesweit nicht etwa eine Antwort auf die Frage, wer denn Kanzlerkandidat werden soll. Sondern auf die Frage: „Was muss in Deutschland besser werden?“

Es ist eine Lehre aus dem desaströsen Bundestagswahlkampf 2009, damals hätten sich die Wahlkämpfer eingeigelt an den Infoständen, sagt Generalsekretärin Andrea Nahles. Statt dem Schema „Blasmusik – Rede – Blasmusik“ will die Partei mit einer der umfangreichsten Bürgerbefragungen der vergangenen Jahre ihr Wahlprogramm mit dem Volk zusammen gestalten. Und natürlich auch Wähler zurückgewinnen.

„Wir wollen die Phase Bürgerdialog statt Basta einleiten“, sagt Nahles. Man biete den Bürgern keine parteipolitischen Lösungen an, sondern stelle eine Frage. Hannelore Kraft habe in Nordrhein-Westfalen gezeigt, wie guter Bürgerwahlkampf gehe. Dort ließ man sich auch einen recht volkstümlichen Slogan einfallen: „Currywurst ist SPD“. Richtig los geht es am kommenden Montag – erste Rückläufer aus der Testphase zeigen, wie vielschichtig die Antworten ausfallen werden.

So heißt es auf einer Karte, Deutschland sei ein besseres Land, wenn es bei der Energiewende zum Wohle des ländlichen Raums auf Erdkabel mit Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung setze. Im Willy-Brandt-Haus werden die Vorschläge von einem Team „Direktkommunikation“ gesichtet, interessante Ideen sollen von den Fachpolitikern der Partei bewertet werden. Auch auf Russisch und Türkisch gibt es die Postkarten.

Bis Dezember können Vorschläge am Ort übergeben oder zur Parteizentrale nach Berlin geschickt werden. In sechs Bürgerkonferenzen werden von Januar bis März 2013 anschließend die Bürgerprojekte ausgewählt, die in das sogenannte „Regierungsprogramm“ einfließen sollen. Nahles sieht einen wabernden Politikfrust und ein Sich-Abwenden. Daher sollen die rund 10 000 Ortsvereine bei den Bürgern verstärkt zu Hause vorbeischauen. Ein Vorbild ist der Wahlkampf der französischen Sozialisten, die bis zu fünf Millionen Hausbesuche gemacht hätten, um die Bürger von den Vorstellungen ihres Kandidaten François Hollande zu überzeugen.

Nahles war gerade in den USA bei den Demokraten. Barack Obamas Wahlkampfchef wisse dank eines Rückkanals jeden Morgen, wenn er den Computer anschalte, was gestern das Topthema bei Hausbesuchen gewesen sei. Doch der Bürgerdialog in Deutschland ist für die SPD nicht ohne Gefahr. Wie sollen die Vorschläge letztlich bewertet werden? Nach Quantität oder nur nach Qualität? Wie reagieren die Menschen, wenn ihre Ideen sich nicht mit dem Programm der Partei decken? Eines macht Nahles klar: „Am Ende entscheidet die Partei, was sie übernimmt und was nicht.“ dpa

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