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Parteinachwuchs: Grüne Jugend ganz laut gegen Jamaika

Der Zwist zwischen dem ehemaligen Bundesvorsitzenden Bütikofer und dem Nachwuchs ist sinnbildlich für das Verhältnis zwischen den alten und den jungen Grünen.

Berlin - Sie sind zu laut. Findet jedenfalls Reinhard Bütikofer, ehemaliger Bundesvorsitzender und heutiger Europakandidat der Grünen. „Also kommt gelegentlich sein Praktikant bei uns vorbei und mahnt etwas mehr Ruhe an“, sagt Max Löffler. Der 21-Jährige ist Bundessprecher der Grünen Jugend und der lärmempfindliche Nachbar amüsiert ihn sichtlich.

Seit Bütikofer für Europa kandidiert, hat er ein kleines Büro in der Zentrale des Parteinachwuchses in Mitte. „Glaskasten“ heißt das Zimmerchen intern – wegen der Glastür und der Grundfläche von gerade mal knapp fünf Quadratmetern. Dass der Ex-Grünen-Chef jetzt ausgerechnet bei der Jugend-Organisation residiert, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. „Als Parteivorsitzender hat er uns nicht immer das Gefühl gegeben, dass er unserer Arbeit besondere Begeisterung entgegenbringt“, sagt Löffler.

Der Zwist zwischen Bütikofer und dem Nachwuchs ist sinnbildlich für das Verhältnis zwischen den alten und den jungen Grünen. Und so feiert der Nachwuchs am heutigen Freitag nicht nur 15. Geburtstag, sondern will auf dem 32. Bundeskongress in Stuttgart auch der Mutterpartei ins Gewissen reden. Wichtigstes Thema: die Ausrichtung für den Bundestagswahlkampf.

Zwar sagt Löffler, grundsätzlich sei man auf einer Linie mit der Bundespartei, aber „wesentlich radikaler“. Während die Mutterorganisation etwa das Wahlalter auf 16 Jahre senken will, schlägt die Jugend vor, keine Altersbeschränkung vorzuschreiben – als Mittel gegen Politikverdrossenheit. Uneinigkeit herrscht beim Thema gesetzliches Grundeinkommen. Die Partei ist dagegen, die Jugend dafür. Auch beim Thema Opel wird gestritten. Parteichef Cem Özdemir kann sich eine Rettung unter Auflagen vorstellen, Löffler nicht.

Am schwersten dürfte jedoch der Vorwurf wiegen, die Parlamentsfraktion mache keine richtige Oppositionsarbeit. „Die Großen könnten wesentlich energischer sein“, sagt Löffler. „Viele benehmen sich, als wären sie immer noch in der Regierung.“ Regieren aber bedeute, immer auf Kompromisse bedacht zu sein. Auf Dauer verliere man so aus den Augen, was man will und was nicht.

Was die jungen Grünen auf keinen Fall wollen ist: Schwarz-Grün oder Jamaika. Auch die Ampeldiskussion, findet Löffler, schade massiv: „Mit der FDP zu arbeiten, während die Finanzkrise offenbart, dass ein System der Deregulierung nicht funktioniert, ist doch Blödsinn.“ Was die eigene Machtposition angeht, macht er sich allerdings keine Illusionen. „Wir können beschließen, was wir wollen, bindend für die Bundespartei ist nichts.“

Drohen muss man als Nachwuchs natürlich trotzdem: „Sollten die Grünen Bereitschaft zu einer Zusammenarbeit mit CDU oder FDP durchblicken lassen, stellen wir unseren Wahlkampf sofort ein“, sagt Löffler. Das zumindest dürfte immerhin die Grünen-Verbände erschrecken, die Probleme mit der eigenen Bundestags-Wahlkampagne haben. Der Kölner Verband zum Beispiel, sagt Löffler, fände die Poster mit dem Slogan „WUMS“ – was für Wirtschaft und Umwelt, menschlich und sozial steht – angesichts des eingestürzten Stadtarchivs doch eher unpassend. „Derzeit können wir uns vor Bestellungen für unsere Wahlmaterialien kaum retten“, sagt Löffler.

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