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AfD-Sprecher Bernd Lucke

© dpa

AfD-Parteitag in Erfurt: Parteisprecher Lucke als größte Belastung und größter Gewinn der AfD

Zum Bundesparteitag der AfD in Erfurt wird Parteisprecher Bernd Lucke vorgeworfen, er wolle die AfD allzu autoritär führen. Für Unruhe sorgen auch Berichte, die Partei werde von christlichen Fundamentalisten unterwandert.

Über Bernd Lucke heißt es, er sei gleichzeitig der größte Gewinn und die größte Belastung für seine Partei. Der Sprecher der „Alternative für Deutschland“ (AfD) hat tatsächlich etwas geschafft, was anderen Parteichefs nie gelungen ist: Ohne ihn läuft nichts in der Euro-kritischen Partei. Dabei ist er offiziell noch nicht einmal deren Bundesvorsitzender. Nach dem Bundesparteitag an diesem Wochenende in Erfurt soll sich das aber ändern: Lucke will eine neue Satzung für die AfD. Spätestens ab 2015 soll sie dann nur noch von einem Vorsitzenden geführt werden – kaum vorstellbar, dass dies jemand anders als er selbst sein könnte.

Doch Lucke hat sich mit diesem Vorschlag nicht bei allen beliebt gemacht. Er werde ohnehin als Gesicht der AfD wahrgenommen, heißt es aus der Parteispitze – da sei es doch nur konsequent, die Struktur an die Realität anzupassen. Doch die AfD nimmt eben auch für sich in Anspruch, basisdemokratischer als die „Altparteien“ zu sein. Sichtbarster Ausdruck dieses Gefühls ist die Abhaltung des Erfurter Parteitags als Mitgliederversammlung: Rund 2000 AfD-Anhänger werden dort auf dem Messegelände erwartet.

Für Ärger sorgten auch andere Passagen des Satzungsentwurfs: So wollte Lucke durchsetzen, dass der Bundesschatzmeister vom restlichen Vorstand abhängig ist, außerdem hätte eine Mehrheit des Vorstands die stellvertretenden Vorsitzenden faktisch kalt stellen können. Norbert Stenzel, der amtierende AfD-Schatzmeister, sagte dem Tagesspiegel, er fühle sich von Lucke zu wenig unterstützt. Gegen Stenzel liegt ein Abwahlantrag vor.

In der Satzungsdebatte agierte Lucke ähnlich wie in vielen inhaltlichen Fragen: Er versucht zunächst, seinen Spielraum auszutesten – und distanziert sich später von seinen Vorstellungen, wenn sie auf zu viel Widerstand stoßen. Am späten Donnerstagabend erreichte die Parteimitglieder per Email plötzlich ein entschärfter „Konsensentwurf“ zur Satzung. Prominente Lucke-Kritiker wie Alexander Dilger, der frühere Landesvorsitzende von Nordrhein-Westfalen, wollen dem Parteitag trotzdem fernbleiben und das Ergebnis möglicherweise anfechten. Dilger sieht auch inhaltlich mit Lucke kaum noch Gemeinsamkeiten: „Lucke hat seine Meinung zum Euro geändert: Er ist nun dafür, ihn in etwas anderer Form zu behalten“, beklagt er sich. Wie andere Ex-FDP-Mitglieder denkt auch Dilger an Austritt.

Berichte, wonach die AfD angeblich von christlich-fundamentalistischen Kräften unterwandert wird, könnten diese Entwicklung befördern. Dabei hatte die AfD-Spitze vor dem Parteitag auf Medienvertreter eingewirkt, die Partei „nicht länger in eine rechtspopulistische Ecke zu stellen“, wie es hieß. Die AfD könne sonst für Menschen attraktiv werden, die die AfD gar nicht als Mitglieder haben wolle. Bisher habe die Parteispitze dem getrotzt. Nicht auszuschließen sei aber, dass die Partei – und mit ihr die millionenschwere Wahlkampfkostenerstattung – in Zukunft in falsche Hände gerate.

Auf den Wahlplakaten tauchen die Europasterne nicht mehr auf

Allerdings weigert sich die Parteispitze auch, die Bezeichnung „konservativ“ für die AfD zu verwenden – weil dieser Begriff in der deutschen Geschichte zu belastet sei. So bietet die AfD nach wie vor ein widersprüchliches Bild: In ihren politischen Leitlinien, die in Erfurt verabschiedet werden sollen, präsentiert sie sich nüchtern als Transparenz- und Rechtsstaatspartei. Noch unter Verschluss gehalten werden hingegen die Plakate für die Europawahl. Vor der Deutschlandfahne wird dort der Slogan „Mut zu Deutschland!“ präsentiert. Die Europasterne, die noch vor zwei Monaten die Buchstaben E und U in „Deutschland“ umkreisten, sind mittlerweile verschwunden.

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