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© dpa

Pflege: Studie: Das Personal ist verschlissen

2008 wurde ein Sonderprogramm gegen den Pflegenotstand in Kliniken aufgelegt – das Fazit ist ernüchternd.

Berlin - Die Ankündigung klang gut. Mit einem Sonderprogramm über 650 Millionen Euro wollte Ulla Schmidt im Sommer 2008 dem Pflegenotstand in deutschen Kliniken begegnen. 17 000 neue Pflegestellen könne man damit in den nächsten drei Jahren finanzieren, versprach die damalige Gesundheitsministerin. Eineinhalb Jahre später jedoch warten die meisten Betroffenen noch immer auf Arbeitsentlastung. Mehreren Umfragen zufolge hat sich die Situation in den Krankenhäusern am Ende des ersten Förderjahres nicht spürbar verbessert.

„Die von der Politik versprochene Hilfe kam bisher bei den Pflegenden kaum an“, resümiert Johanna Knüppel vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe. Auf 40 Seiten hat die Referentin das ernüchternde Ergebnis von drei Befragungen unter Klinikbeschäftigten zusammengefasst. Offenbar habe das Sonderprogramm den „Exodus der Pflege“ in vielen Häusern nicht bremsen können, heißt es in dem Bericht, der dem Tagesspiegel vorliegt. Die Pflegekräfte seien „müde, erschöpft und verschlissen“, diesbezügliche Patientenängste seien „nur allzu berechtigt“. Nach einer Forsa-Umfrage vom November fürchten 41 Prozent der Deutschen, bei einem Klinikaufenthalt vom Personal nicht ordentlich versorgt zu werden. Seit 1995 wurden an deutschen Krankenhäusern rund 50 000 Pflegestellen gestrichen. Gleichzeitig stieg die Zahl der besonders aufwendig zu pflegenden Patienten – durch kürzere Liegezeit ebenso wie durch die Alterung der Bevölkerung.

Der Deutschen Krankenhausgesellschaft liegen zwar noch keine Zahlen vor, ein Sprecher bestätigte aber, dass es mit dem Förderprogramm insbesondere in Berlin und Rheinland-Pfalz „erhebliche Probleme“ gebe. Dies liege an „deutlich überhöhten Nachweisforderungen“ der örtlichen Krankenkassen. Laut Gesetz muss die zielgerichtete Verwendung der Mittel nachgewiesen werden, um die Kosten für zusätzliches Pflegepersonal zu 90 Prozent erstattet zu bekommen. In anderen Ländern wie Bayern, Niedersachsen oder Mecklenburg-Vorpommern haben die Kliniken die dafür nötigen Kostenstrukturberechnungen noch nicht fertig. Der Umfrage zufolge empfinden besonders die Betreiber kleiner Kliniken den Aufwand, um an die Mittel zu kommen, als „zu hoch“. Andererseits ist in dem Bericht auch von Versuchen die Rede, das Geld für zusätzliche Pflegestellen „in ganz andere Töpfe“ zu bekommen.

Als wichtigsten Grund dafür, dass das Förderprogramm in ihrem Krankenhaus nicht genutzt wird, nennen die meisten Pflegemanager allerdings den Fachkräftemangel auf dem Arbeitsmarkt. Hier räche sich die kurzsichtige Personalpolitik der vergangenen Jahre, meint Knüppel. „Man hat nicht nur in großem Umfang Ausbildungsplätze abgebaut, sondern versäumt, Pflegefachkräfte im Beruf und in den Kliniken zu halten und in ihrer beruflichen Entwicklung zu fördern.“

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