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Dieses Foto des ukrainischen Verteidigungsministeriums aus der vergangenen Woche zeigt den Kiewer Minister Rustem Umjerow im Gespräch mit seinem Besucher, dem deutschen Amtskollegen Boris Pistorius.

© dpa/-

Exklusiv

Ukrainereise hat ein Nachspiel: Pistorius informierte den Bundestag nicht vorab über neue Militärhilfe

Jüngst besuchte der Verteidigungsminister unangekündigt die Ukraine. Dem Bundestag war nicht bekannt, dass er dort trotz des Haushaltschaos weitere Waffen zusagen würde.

Eine Woche nach seiner Rückkehr aus der Ukraine muss sich Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) einigen unangenehmen Fragen der Opposition im Bundestag stellen. Die Union unterstützt zwar die Waffenhilfe für Kiew aus Überzeugung, stößt sich nun aber am neuen 1,3 Milliarden Euro schweren Hilfspaket, das Pistorius in Kiew ankündigte.

Zum einen geht es darum, dass der Bundestag nicht vorab informiert wurde. Es ist üblich, dass die Obleute im Verteidigungsausschuss und die Haushaltsberichterstatter schriftlich über solche neuen Vorhaben unterrichtet werden. Das ist im Zusammenhang mit der angekündigten Lieferung weiterer Artilleriemunition und vier zusätzlicher Luftabwehrsysteme vom Typ Iris T-SLM jedoch nicht passiert.

Abgeordnete erst eine Woche später informiert

Das Ministerium empfand es als unnötig, das Parlament im Voraus in Kenntnis zu setzen. Schließlich handele es sich beim neuen Paket um einen, wie es in einem dem Tagesspiegel vorliegenden Brief an den CDU-Abgeordneten Ingo Gädechens heißt, „Baustein unserer langfristigen Unterstützungsstrategie für die Ukraine, über die wir Abgeordnete des Deutschen Bundestages in unterschiedlichen, eingestuften Formaten regelmäßig unterrichtet haben“.

Zudem habe man dann zu „konkreten Details des aktuellen Paketes“ im Rahmen der Verteidigungsausschusssitzung vom Mittwoch, den „29. November informiert“.

Entgegen den üblichen Gepflogenheiten wurde das Parlament als Haushaltsgesetzgeber nicht zeitnah über die Zusagen informiert – obwohl es um 1,3 Milliarden Euro geht – das ist kein Pappenstiel! 

Der CDU-Haushaltspolitiker Ingo Gädechens kritisiert das Verteidigungsministerium.

Eine Woche nach der Reise, dazu noch keine Information an den Haushaltsausschuss, der bei Geldfragen den Hut aufhat – für den Christdemokraten Gädechens geht das „nicht in Ordnung“, wie er dem Tagesspiegel sagte: „Entgegen den üblichen Gepflogenheiten wurde das Parlament als Haushaltsgesetzgeber nicht zeitnah über die Zusagen informiert – obwohl es um 1,3 Milliarden Euro geht – das ist kein Pappenstiel!“

Schwerwiegender ist sein Vorwurf, dass die Aussage des Ministeriums, wonach die 1,3 Milliarden Euro „auskömmlich und sicher finanziert“ seien, falsch sei. Gädechens argumentiert mit dem noch vor dem Karlsruher Finanzurteil bekannt gewordenen Anliegen, den Etatansatz für die Ukrainehilfe im kommenden Jahr von vier auf acht Milliarden Euro zu erhöhen – das Ministerium hatte dies damit begründet, dass die zuerst vorgesehene Summe nicht ausreiche, weil das Geld bereits mit älteren Zusagen verplant sei.

„Ungedeckter Scheck“ von Pistorius?

Der Einzelplan 60 mit der Verdoppelung wurde jedoch wie der gesamte Etat 2024 nach dem Verfassungsrichterspruch noch nicht beschlossen. „Trotz expliziter Frage sagt die Regierung nicht, wo und in welcher Höhe die Mittel zur Verfügung stehen sollen“, kritisiert Gädechens, daher habe „Boris Pistorius offenbar einen ungedeckten Scheck unterschrieben“.

Der Christdemokrat will nun weitere Fragen stellen und einen Bericht des Finanzministeriums anfordern. Aus seiner Ampelkoalition hat Pistorius indes nichts zu befürchten – dort findet man nichts am Vorgehen des Verteidigungsministeriums.

„Mit der Zusage erfolgt eine Konkretisierung“, sagt der Grünen-Haushälter Sebastian Schäfer: „Die Mittel für diese konkreten Projekte insbesondere im Bereich der Luftverteidigung stehen bereits zur Verfügung.“ Um der Ukraine darüber hinaus Planungssicherheit zu geben, müsse der Beschluss zur Verdoppelung der Mittel im nächsten Jahr nun möglichst bald auch parlamentarisch getroffen werden.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die Ausschussvorsitzende, findet es gut, dass man gerade jetzt tätig wurde. „Ich finde die Ankündigung von Boris Pistorius richtig“, so die FDP-Politikerin: „Angesichts des dramatischen Überfalls der Hamas auf Israel gab es in der Ukraine die Sorge, dass wir nicht mehr hinschauen.“

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