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Politik: Poker um Britenrabatt

Blair kommt am Montag nach Berlin. Deutschland soll zwischen London und Paris vermitteln

Tony Blair kommt am Montag nach Berlin. Bei Bundeskanzler Schröder will er sich für eine umfassende Reform der EU-Ausgaben einsetzen. Die Briten gehen wegen ihres umstrittenen Sonderrabatts isoliert und ungeliebt in die Verhandlungen, die den EU-Gipfel dieser Woche zu überschatten drohen. Alle 24 EU-Partner fordern, dass Blair in der Frage des so genannten „Britenrabatts“ nachgibt. Deutschland könnte zwischen Paris und London vermitteln.

Der 1984 von Frau Thatcher ausgehandelte Rabatt ist den Partnern schon lange ein Dorn im Auge. 2007 wird sein Wert mit rund 4,6 Milliarden Euro angesetzt. Trotzdem ist Großbritannien zweitgrößter Nettozahler der EU nach Deutschland. Ohne Rabatt stünde es mit über 8 Milliarden Euro an der Spitze der EU Finanzierer.

Schröder schlug sich am Freitag in Paris wieder an die Seite des französischen Präsidenten Chirac und sprach von der „Erwartung“, dass die Briten nachgeben. Er und andere EU-Regierungschefs haben im Windschatten einer scharfen Attacke von Chirac eine „Geste der Solidarität“ von London verlangt. Die Briten wollen dem Druck standhalten und notfalls von ihrem Veto Gebrauch machen.

Blair gibt sich mal verhandlungsbereit, mal kämpferisch, hat aber eine klare Strategie. Halsstarrig sei er nicht. „Wenn wir darüber reden, wie Europa sein Geld ausgibt, können wir über alles reden“. Denn London will eine Kürzung seines Rabatts mit einer Reform der gemeinsamen Agrarpolitik verbinden, die im Königreich auch „Franzosenrabatt“ genannt wird. Eine solche Verknüpfung hatte ein Bericht des Europakomitees des Oberhauses empfohlen. Er folgerte, dass der Rabatt „im Kontext einer unzureichend reformierten gemeinsamen Agrarpolitik gerechtfertigt“ sei. Großbritannien solle dann verhandeln, wenn eine Reform angeboten wird.

Beim stürmischen EU-Gipfel im Oktober 2002 hatten Schröder und Chirac aber ohne Einbeziehung Blairs eine Halbreform des Agrarmarkts durchgedrückt und das Kapitel so bis 2013 geschlossen. Lord Radice, der Vorsitzende der Lords Kommission, empfahl, den Britenrabatt nun „als Rammbock“ zu benutzten, um diese Verhandlungen wieder zu öffnen. Es sei unlogisch, dass Deutschland und Frankreich einerseits die Agrarreform blockieren, andererseits aber den Britenrabatt bekämpfen. Doch Chirac winkt ab: „Ich bin zu Kompromissen in der Agrarpolitik nicht bereit“.

Chirac hatte Blair den Fehdehandschuh hingeworfen und eine „solidarische Geste unserer englischen Freunde“ verlangt. Blair schlug zurück. Großbritannien mache eine solche Geste seit zehn Jahren, indem es, trotz Rabatt, zweieinhalbmal so viel wie Frankreich in die EU-Kasse zahle. Erschwert werden die Haushaltsverhandlungen zudem durch die EU-Verfassungskrise. London sieht im Hochspielen des Rabatts ein Manöver Chiracs, vom französischen Nein zur EU-Verfassung abzulenken.

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