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Politik: Polen weist Bericht über CIA-Haftlager zurück

Premier Marcinkiewicz spricht von Verleumdung / Verdacht auf Geheimgefängnisse aber nicht ausgeräumt

In Polen soll es keine geheimen CIA-Haftlager gegeben haben. Die polnische Regierung hat die Anschuldigungen des Europarat-Sondervermittlers Dick Marty vehement zurückgewiesen. Eine Verleumdung sei der Bericht des Schweizer Europarat-Abgeordneten Dick Marty über die angeblichen geheimen CIA-Gefängnisse, sagte der polnische Ministerpräsident Kazimierz Marcinkiewicz. Er beruhe „nicht auf Tatsachen, sondern nur auf Indizien“. Dem Marty-Bericht zufolge haben Deutschland und 13 weitere Länder in Europa in der Affäre um illegale CIA-Aktivitäten mit dem US-Geheimdienst zusammengearbeitet oder dessen Aktivitäten zumindest geduldet.

Zbigniew Wassermann, Minister und Koordinator für Sonderdienste, wies die Existenz von Gefängnissen für Terrorismus-Verdächtigte in Polen ebenfalls zurück. „Die Tatsache, dass Flugzeuge gelandet sind, beweist nicht, dass mehr passiert ist“, sagte er. Und für Ex-Verteidigungsminister Bronislaw Komorowski von der oppositionellen Bürgerplattform sind die Landungen von CIA-Flugzeugen in Polen nur „ein Beweis für die gute nachrichtendienstliche Zusammenarbeit im Rahmen der Nato“. „Dieser Herr sagt nichts Neues“, meint auch Jerzy Szmajdzinski, der im fraglichen Zeitraum das Amt des Verteidigungsministers bekleidet hat. In der Tat ist der Bericht von Marty ein Katalog unbewiesener Vorwürfe, die eigentlich schon bekannt sind. „Noch gibt es keine formellen Nachweise für die Existenz von geheimen CIA-Haftzentren in Polen, Rumänien, oder einem anderen Europarat-Mitgliedsstaat“, sagte Marty bei der Veröffentlichung seines Berichts am Mittwoch selbst.

Doch der Verdacht gegen Polen bleibt bestehen. Nach Martys Einschätzung gehören die Landungen auf dem Flugplatz Szczytno-Szymany in Nordpolen sowie auf dem rumänischen Flugplatz Temesvar „zu den zwei Prozent der CIA-Flüge, die uns am meisten beunruhigen“. In den polnischen Medien wurde seit Beginn der CIA-Affäre immer wieder von verdächtigen Flugbewegungen berichtet. Besonders verdächtig ist die Boeing 737 mit Kennzeichen N313P, die am 22. September 2003 nach 21 Uhr auf dem Flugplatz Szymany in Nordpolen landete und 64 Minuten lang mit eingeschalteten Motoren auf der Startbahn stehen blieb.

In der Nähe von Szczytno-Szymany befindet sich ein Stützpunkt des polnischen Nachrichtendienstes namens Stare Kiejkuty. Der ehemalige Chef des polnischen Nachrichtendienstes, Zbigniew Siemiatkowski, bestätigt, dass es in Stare Kiejkuty eine Zone gibt, die nur für die CIA zugänglich sei. „In Polen gibt es mehr als zwei solcher Zonen“, sagt Siemiatkowski. „Aber sie haben mit den mutmaßlichen Gefängnissen für die Al- Qaida-Häftlinge nichts zu tun.“

Tom Malinowski von der amerikanischen Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch bezeichnet die polnischen Vorwürfe, dass der Europarat-Bericht sich nicht auf Tatsachen stützt, als unehrlich. „Es ist eine Tatsache, dass in Polen die CIA-Flugzeuge landeten, die – laut glaubwürdigen Experten – Gefangene an Bord hatten“, sagt Malinowski. Es sei auch eine Tatsache, dass mehrere Quellen in der CIA selbst gegenüber amerikanischen Medien bestätigten, dass die CIA in Polen Gefangene festgehalten hat.

„Auf dem Flughafen Szymany gingen sehr verdächtige Dinge vor“, sagte Malinowski der Warschauer Zeitung „Zycie Warszawy“. Die polnische Regierung sei „sehr naiv und unreif, wenn sie glaubt, dass man das alles für immer geheim halten kann“.

Aureliusz Pedziwol[Prag]

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