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Politik: Politik der starken Hand

Von Jens Glüsing, Rio de Janeiro Mit einer deutlichen Mehrheit von 53 Prozent hat der rechtsgerichtete Alvaro Uribe die Präsidentschaftswahl in Kolumbien gewonnen. Der Wahlsieg gelang dem 49-Jährigen schon in der ersten Runde, eine Stichwahl wird damit überflüssig.

Von Jens Glüsing, Rio de Janeiro

Mit einer deutlichen Mehrheit von 53 Prozent hat der rechtsgerichtete Alvaro Uribe die Präsidentschaftswahl in Kolumbien gewonnen. Der Wahlsieg gelang dem 49-Jährigen schon in der ersten Runde, eine Stichwahl wird damit überflüssig. Der Erdrutschsieg verleiht dem Law-and-Order-Politiker ein klares Mandat für eine Politik der „starken Hand“ gegenüber den bewaffneten Aufständischen im Land. Experten rechnen damit, dass sich der Bürgerkrieg mit der marxistischen Guerilla, der „Bewaffneten revolutionären Streitkräfte Kolumbiens“ (Farc), nun verschärfen wird.

Uribe, ein Dissident der Liberalen Partei, verdankt seinen Sieg ironischerweise den Rebellen. Mit einer Serie von Anschlägen und Entführungen haben sie in den vergangenen Monaten immer mehr Bürger zur Unterstützung des Hardliners veranlasst.

Sichtlich bewegt erinnerte Uribe in seiner ersten Rede nach dem Wahlsieg an die Ermordung seines Vaters durch die Guerilla im Jahr 1983. Er strebe die Versöhnung mit allen Gruppen an, „die am Rande des Gesetzes stehen“, versicherte er. Zukünftige Friedensverhandlungen sollten unter „internationaler Vermittlung“ stehen. Dafür will Uribe Kontakt zu den Vereinten Nationen aufnehmen.

„Sie sollen uns helfen, das Gespräch mit den Aufständischen wieder aufzunehmen“, sagte er. Aber er ließ keinen Zweifel, dass die Rebellen vor der Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen einem Waffenstillstand zustimmen und die Entführungen einstellen müssen. Damit ist jedoch kaum zu rechnen.

Die Farc haben in den vergangenen Monaten ihre Truppen aufgerüstet, insgesamt hat die Guerilla jetzt schätzungsweise 17 000 Mann unter Kontrolle.

Der Drogenhandel, die Haupteinkommensquelle der Rebellen, hat drastisch zugenommen. Nach Erkenntnissen des kolumbianischen Militärs hat die Guerilla tonnenweise Kokain aus der ehemaligen „entmilitarisierten Zone“ über die venezolanische Grenze verschoben und dafür Waffen erhalten. Die Regierung des linkspopulistischen Staatschefs Hugo Chavez lässt die Guerilla gewähren, sie verfügt über ausgezeichnete Kontakte zu den Rebellen. „Venezuela hat den Himmel für die Drogenflugzeuge weit geöffnet“, sagt der Politologe Alfredo Rangel.

Ob es Uribe gelingt, den 40 Jahre alten Bürgerkrieg zu beenden, hängt vor allem von der Unterstützung für seine Sicherheitspolitik ab. Er will die Anzahl der Berufssoldaten und Polizisten verdoppeln und eine Million Zivilisten zum Kampf gegen die Guerilla mobilisieren. Inzwischen fordert der Krieg zwischen Paramilitärs und Guerilla mehr Opfer als die Kämpfe der Rebellen mit den Regierungstruppen. Das kolumbianische Militär ist trotz jahrzehntelanger Kriegserfahrung schlecht ausgebildet und nur mangelhaft ausgerüstet. Der Wahlsieger Uribe hofft jetzt auf eine Erhöhung der amerikanischen Militärhilfe im Rahmen des „Plan Colombia“ zur Bekämpfung des Drogenhandels. Bislang lässt die US-Regierung Bogota nicht einmal an der Luft- und Satellitenaufklärung teilhaben.

Entscheidend für Uribe wird aber vor allem die Leidensgrenze des kolumbianischen Volkes sein. Als Reaktion auf eine Offensive des Militärs dürften die Guerrilleros mehr Autobomben zünden und Unschuldige entführen. Zum Kampf gegen kleine, flexible und urbane Guerillakommandos ist das schwerfällige Militär kaum gerüstet. Wenn die Anzahl der Opfer unter der Zivilbevölkerung ansteigt, dürfte Uribes Rückhalt im Volk rasch dahinschmelzen.

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