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Politik: Populisten auf Polens Regierungsbank

Die Nationalkonservative PiS hat Koalitionäre gefunden – doch glücklich ist niemand damit

Polens nationalkonservative Regierungspartei PiS ist bei der Suche nach einer Mehrheit fündig geworden. Ihr Minderheitskabinett wird durch eine Koalition mit den Populisten abgelöst: Damit rutschen erstmals Vertreter der nationalistischen LPR und der Bauernprotestpartei Samoobrona auf die Regierungsbank.

Nach über sechs Monaten als Chef einer Minderheitsregierung kann Polens Premier Kazimierz Marzinkiewicz auf eine parlamentarische Mehrheit bauen. Für die neue Koalition der nationalkonservativen PiS mit der Bauernprotestpartei Samoobrona und den rechtsklerikalen Nationalisten der LPR finde sich im Sejm eine „stabile Mehrheit“, versicherte PiS- Fraktionschef Przemyslaw Gosiewski am Freitag. Die neue Koalition wird auch von der Fraktion des von der LPR abgespaltenen „Kreis der Nationalen Abgeordneten“ unterstützt.

Die linkspopulistische Samoobrona erhält drei und die rechtsnationalistische LPR zwei Ministerposten: Zur Befriedung der Ansprüche ihrer neuen Partner hat die im Wahlkampf des letzten Sommers für einen „schlanken Staat“ streitende PiS drei der bisherigen Ministerien in sechs geteilt. Samoobrona- Chef Andrzej Lepper leitet als Vizepremier das Landwirtschafts-Ministerium. Seine Parteifreundin Anna Kalata hat das Ressort Arbeit übernommen, der Samoobrona-Abgeordnete Antoni Jaszczak das Bauministerium. LPR-Chef Roman Giertych, der über die von ihm geförderte Organisation „Allpolnische Jugend“ offen Kontakte in die antisemitische Neonazi- Szene des Landes unterhält, ist nun Minister für Erziehung und gleichzeitig Vize- Premier. An der Spitze des neu geschaffenen Fischerei-Ministerium steht der LPR- Abgeordnete Rafal Wiechecki.

Vor den Parlamentswahlen im vergangenen September hatte die PiS eigentlich die rechtsliberale PO zu ihrem Wunschpartner für ein Regierungsbündnis erklärt. Doch bei den anschließenden Präsidentschaftswahlen, bei denen sich PiS-Kandidat Lech Kaczynski gegen seinen PO-Rivalen Donald Tusk durchsetzte, hatten sich die beiden bürgerlichen Partner völlig überworfen. Statt in ein Regierungsboot mit der PO zu steigen, ließ die PiS ihr Ende Oktober vereidigtes Minderheitskabinett von den populistischen Kräften im Sejm tolerieren. Ohne feste Mehrheit im Parlament konnte das schlingernde Kabinett jedoch kaum ein Regierungsvorhaben verwirklichen: Mit der Einbindung der unberechenbaren Partner in das Kabinett hofft PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski nun auf eine solide Mehrheit für die Regierung.

Es sei die Schuld der PO, dass es nicht zu einer Koalition mit der PiS gekommen sei, erklärte Staatschef Lech Kaczynski nach der Vereidigung der neuen Minister am Freitag. Die nun geschaffene Koalition habe eine „große Chance“, die für das Land nötigen Veränderungen einzuleiten und Gesetzesvorhaben zur Ankurbelung der Wirtschaft zu realisieren: „So eine große Chance zur Verbesserung der Republik gab es in Polen schon seit Jahren nicht mehr."

Nicht nur die Opposition, sondern auch polnische Altpolitiker beurteilten die ministeriale Aufwertung der Populisten hingegen eher skeptisch. Von einem „schwarzen Tag“ für die politische Karriere von PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski, der „das Gefühl der Niederlage haben sollte“, sprach am Freitag der frühere Premier Tadeusz Mazowiecki: Er prophezeie der Koalition keine lange Dauer.

Thomas Roser[Warschau]

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