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Porträt: Für Platzeck kommt der Wechsel eigentlich zu früh

Eigentlich hatte sich Matthias Platzeck nach der Landtagswahl 2004 vorgenommen, sich erst einmal auf Brandenburg zu konzentrieren. Das Land zwischen Elbe und Oder wollte er modernisieren und für die Zukunft fit machen.

Potsdam - Ein Regierungsamt in Berlin schlug Platzeck bisher noch jedes Mal aus. Jetzt soll er - schneller als ihm lieb ist - Nachfolger von Franz Müntefering an der Spitze der Bundes-SPD werden.

Auch danach will der 51-Jährige in Potsdam weiterregieren. Dass der Vorsitz einer Bundespartei und das Amt des Ministerpräsidenten unter einen Hut zu bekommen sind, hätten schließlich schon Helmut Kohl bei der CDU und der frühere SPD-Chef Björn Engholm vorgemacht, sagt Landesgeschäftsführer Klaus Ness. 2002 trat Platzeck als Regierungschef in die Fußstapfen seines Ziehvaters Manfred Stolpe und führt seither eine Koalition mit der CDU. Zuvor trug ihm sein gelungenes Krisenmanagement als Umweltminister während des Oder-Hochwassers 1997 den Spitznamen «Deichgraf» ein.

Den Reformkurs der rot-grünen Bundesregierung unterstützte Platzeck ebenso kritisch wie nachdrücklich, womit er sich Respekt und Wertschätzung sowohl von Kanzler Gerhard Schröder als auch Parteichef Müntefering erwarb. Seit 1999 gehört er dem SPD-Bundesvorstand an und baute dort seinen Einfluss aus.

Bei Wahlen konnten sich die märkischen Sozialdemokraten auf den immer noch jungenhaft wirkenden, populären «Landesvater» stets verlassen: 2004 verhinderte Platzeck trotz heftigen Hartz-IV- Gegenwinds in Brandenburg knapp einen Sieg der PDS und konnte die Koalition mit der CDU fortsetzen. Bei der Bundestagswahl am 18. September blieb die SPD stärkste Kraft.

Früh erkannte Stolpe Platzecks Qualitäten als «Menschenfänger», der dem Volk auch unbequeme Wahrheiten zumuten kann, ohne an Sympathie zu verlieren. Nach der Landtagswahl 2004 verordnete der Regierungschef Brandenburg einen «neuen Aufbruch». Dazu gehört die Kehrtwende in Brandenburgs Förderpolitik, wonach in Zukunft nur noch Regionen mit wirtschaftlichen Erfolgsaussichten auf Unterstützung hoffen können.

Die «Gießkanne» bleibe fortan im Schuppen, betont Platzeck seither gebetsmühlenhaft. Er setzte sich damit angesichts knapper Kassen und des auslaufenden Solidarpaktes in Ostdeutschland an die Spitze der Bewegung. In diesem Jahr übernahm der SPD-Politiker zudem von Stolpe den Vorsitz des Forums Ost seiner Partei.

Platzeck ist geschieden und hat drei Töchter. Seine berufliche Laufbahn begann der studierte Diplomingenieur für biomedizinische Kybernetik 1979 am Institut für Lufthygiene in Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz). Später arbeitete er bis 1990 als Abteilungsleiter in der Hygiene-Inspektion Potsdam.

1988 gehörte Platzeck zu den Mitbegründern der Potsdamer Bürgerinitiative «Argus», die sich couragiert gegen Umweltsünden in der damaligen Bezirkshauptstadt wandte und für deren Sanierung einsetzte. Schließlich hatte auch die Stasi den Arztsohn fest im Blick. Dieser zog 1990 für Bündnis 90 in die erste frei gewählte Volkskammer ein.

Noch im selben Jahr berief ihn Brandenburgs Regierungschef Stolpe nach Bildung einer Ampelkoalition als Umweltminister ins Kabinett. Erst 1995 trat Platzeck in die SPD ein, nachdem er die Fusion von Bündnis 90 mit den Grünen abgelehnt hatte. (Von Ronald Bahlburg, dpa)

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