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Politik: Post für den Kanzler

Die Unionschefs schreiben wegen der Arbeitslosigkeit an Schröder – Rot-Grün lehnt ihre Vorschläge ab

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Berlin - Ein Brief in den Orient benötigt ein paar Tage, zu lange wohl für das drängende Problem der Massenarbeitslosigkeit, zu lange jedenfalls für die Union. Weil Regierungschef und Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) eben nicht in Berlin, sondern in Jemen weilte und weil er deshalb an ihn adressierte Post nicht öffnen kann, verbreiteten die Unionschefs Angela Merkel (CDU) und Edmund Stoiber (CSU) den Inhalt ihres gemeinsamen Briefes an den Kanzler lieber gleich per „Bild“. Einen „Pakt zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit“ boten sie Rot-Grün darin an. Denn sie vermuten, dass die Regierung keine eigenen – und vor allem keine neuen – Rezepte zur Senkung der Arbeitslosigkeit hat. „Weiter so verbietet sich“, warb das Duo Merkel/Stoiber in dem Brief, der im unteren Drittel einige konkretere Unionsideen auflistete. Motto der Union: Nach dem scharfen verbalen Angriff auf Schröder und Co. folgt jetzt das Angebot zur Kooperation. Der reisende Kanzler ließ in Berlin mitteilen, er werde den Brief sofort öffnen, studieren und dann „ausführlich“ beantworten lassen.

In den Reihen seiner Koalition reagierte man skeptischer. SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter sagte, die Vorschläge der Union seien „alte Hüte“, die nachgewiesenermaßen nicht zum Erfolg gekommen seien. Grünen-Chef Reinhard Bütikofer wies sie als „unredlich“ und „parteipolitisches Ablenkungsmanöver“ zurück. SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler bezeichnete die Unionsinitiative als eine „Zumutung für jeden intelligenten Menschen“. Was die Union Bürokratieabbau nenne, sei in Wirklichkeit Abbau von Tarifautonomie und Mitbestimmung.

Die Opposition freilich sah in dem Brief vor allen Dingen ein freundliches Angebot des guten Willens. CDU-Chefin Angela Merkel sagte: „Unsere Hand ist gereicht, wir erwarten die Antwort des Bundeskanzlers.“ FDP-Chef Guido Westerwelle erklärte, die rot-grüne Bundesregierung sei mit ihrer Politik gescheitert und dürfe sich einem „überparteilichen Bündnis der Vernunft“ bei der Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit nicht verschließen.

Bei Rot-Grün wächst derweil die Sorge, dass es im Mai zu einem Wahldesaster in Nordrhein-Westfalen kommen könnte. Mehrere SPD-Politiker vom linken Flügel, darunter der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Klaus Kirschner, verlangten Konjunkturprogramme zur Stärkung der Binnennachfrage. „Wir müssen öffentliche Investitionen anstoßen, sonst kann die Arbeitslosigkeit nicht gesenkt werden. Eine höhere Verschuldung müssen wir notfalls in Kauf nehmen.“ Und der Grüne Werner Schulz mahnte sogar ein neues Bündnis für Arbeit mit Gewerkschaften und Arbeitgebern an. Die Arbeitgeber signalisierten Verhandlungsbereitschaft, allerdings nur mit noch einem Partner mehr: Angesichts der „extrem schwierigen Situation“ müsse die Opposition mit ins Boot geholt werden, verlangte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände.(mit ddp)

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