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Präsidentenbesuch: Eklat bei Kaczynski-Rede in der Humboldt-Uni

Der polnische Staatspräsident Lech Kaczynski trifft bei seinem Berlin-Besuch auf Widerstand. Aktivisten von Schwulen- und Lesbengruppen versuchten am Donnerstag in der Humboldt-Universität, seine Rede zu verhindern.

Berlin - Zum Abschluss des zweitägigen Berlin-Besuchs von Polens Staatspräsident Lech Kaczynski hat es am Donnerstag in Berlin heftige Proteste gegeben. Über 50 Vertreter von Schwulen- und Lesben- Organisationen drangen in die Aula der Humboldt-Universität ein, um einen Auftritt des nationalkonservativen Staatschefs zu verhindern. In Sprechchören und auf Transparenten wurde Kaczynski vorgeworfen, als Warschauer Oberbürgermeister Homosexuelle ausgegrenzt und ihre Kundgebungen verboten zu haben. «Dieser Mann ist ein Anti-Demokrat, es ist empörend, dass er hier reden darf», rief einer der Protestierer vom Rednerpult aus.

Kaczynski, der nach anfänglich massiven Störungen weitgehend ohne lautstarke Proteste weiterreden konnte, bekräftigte vor den Zuhörern seine kritische Einstellung zu Homosexuellen. Er akzeptiere zwar, dass es solche sexuellen Orientierungen gebe. Für ihn sei es aber unvorstellbar, dass Homo- und Heterosexuelle «gleichberechtigt» seien. Die Zivilisation könne schließlich nur existieren, wenn aus einem Zusammenleben auch Kinder hervorkämen.

Kaczynski betonte, mit dem Verbot von Schwulen-Demonstrationen 2004 und 2005 habe er sich nur an die polnische Rechtsprechung gehalten. Auf Anweisung des Rektors der Humboldt-Universität verzichtete die Polizei darauf, die Demonstranten aus der Aula zu entfernen.

Nach Angaben der Gruppe «Toleranz auf Polnisch», die zu den Protesten aufgerufen hatte, war die Polizei im vergangenen Jahr mit brutaler Gewalt gegen die Teilnehmer einer nicht genehmigten Kundgebung von Homosexuellen in Warschau vorgegangen. Viele Schwule und Lesben fühlen sich von der neuen Führung in Warschau zunehmend diskriminiert und lassen sich deshalb verstärkt in Berlin nieder.

Auch der Lesben- und Schwulenverband Deutschlands (LSVD) hatte zu der Protestaktion in der Humboldt-Universität aufgerufen. Der Verband forderte die Bundesregierung auf, die lesben- und schwulenfeindliche Politik der neuen polnischen Staatsführung deutlich zu verurteilen. «Polens Präsident stachelt seit Jahren Hass auf Lesben und Schwule an», heiß es in einer in Berlin verbreiteten Erklärung. Es gebe größte Hochachtung davor, wie die Polen Demokratie und Freiheit erkämpft hätten. Umso bedrückender sei es, wenn Ressentiments und Hass gegen Minderheiten geschürt würden.

In seiner Rede vor der Universität sprach sich Kaczynski für ein Festhalten an den Nationalstaaten in Europa aus. Die Zeit sei noch nicht gekommen, einen gemeinsamen «Quasi-Staat» aus den EU- Mitgliedern zu formieren. (tso/dpa)

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