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Provokation der USA: Iran und Irak auf Tuchfühlung

Er ist der erste iranische Präsident am Tigris: Der Besuch von Mahmud Ahmadinedschad in Bagdad ist historisch - und eine gezielte Provokation der USA.

Der Besuch des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad am Sonntag in Bagdad ist der bisherige Höhepunkt der Wiederannäherung der beiden ehemals verfeindeten Staaten. Er zeugt vom wachsenden Einfluss der Islamischen Republik auf das Nachbarland und ist eine herausfordernde Geste an die USA, die Iran wegen seines Atomprogramms und angeblicher Unterstützung schiitischer Extremisten boykottieren. Der irakische Präsident Dschalal Talabani empfing Ahmadinedschad in seinem Amtssitz auf dem roten Teppich mit einer Ehrengarde. Es ist der erste Besuch eines iranischen Präsidenten am Tigris überhaupt.

Die Staatsoberhäupter der beiden Länder, die nach dem Angriff Saddam Husseins auf Iran in den 80er Jahren einen verheerenden Krieg gegeneinander führten, küssten sich vier Mal auf die Wange. Der schiitische Politiker Ahmadinedschad sprach bei der gemeinsamen Pressekonferenz davon, dass eine „neue Seite“ in den Beziehungen beider Länder aufgeschlagen sei. Talabani, selbst ein ethnischer Kurde, bezeichnete den Besuch als „historisch“ und bat Ahmadinedschad, ihn mit seinem kurdischen Spitznamen „Mam Jalal“ zu rufen. Am Flughafen war Ahmadinedschad, der mit einer großen Delegation anreiste, von Außenminister Hoscher Zebari empfangen worden. Da die USA sich nicht an den Sicherheitsvorkehrungen für den Besuch beteiligten, musste der iranische Präsident mit dem Wagen statt dem Hubschrauber die gefährliche Strecke vom Flughafen in die Stadt zu Amtssitz Talabanis zurücklegen. Ahmadinedschad betonte, dass Iran an einem „geeinten, starken Irak“ interessiert sei und kündigte einen Ausbau der Beziehungen an. Zehn Regierungsabkommen zwischen beiden Ländern sollen während des Besuchs unterzeichnet werden.

Seit dem Sturz des sunnitisch dominierten Regimes von Saddam Hussein und der Machtübernahme der schiitischen Bevölkerungsmehrheit haben sich die ehemals feindlichen Beziehungen zur Islamischen Republik langsam normalisiert. Viele unter der Diktatur verfolgte Schiitenführer waren in Iran im Exil. Aber auch der kurdische Politiker Talabani hatte in den quasi autonomen Kurdengebieten im Norden Iraks Kontakte zu Iran und spricht fließend Farsi. Die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen boomen – nicht zuletzt dank der Millionen iranischer Pilger, die zu den heiligen Stätten in Nadchaf und Kerbala reisen. Iran will in Nadschaf einen Flughafen bauen, damit die eigenen Landsleute bequemer reisen können.

Doch die Normalisierung der Beziehungen ist den USA ein Dorn im Auge. Sie werfen Iran vor, Aufständische in Irak mit Ausrüstung und Training zu unterstützen und die Lage zu destabilisieren. Talabani und Ministerpräsident al-Maliki weisen den Vorwurf zurück. Es mache „keinen Sinn, dass Iran das erste Schiiten-freundliche Regime, das jemals in Bagdad an die Macht kam, stürzen will“, kommentiert der US-Irak-Experte und Geschichtsprofessor an der Universität Michigan, Juan Cole, die Vorwürfe. Im Vorfeld des Besuchs hatten Iran und die USA gegenseitige Vorwürfe wiederholt. Präsident George Bush forderte Iran auf, „die Entsendung ausgereifter Ausrüstung zu unterlassen, die unsere Bürger tötet.“ Ahmadinedschad machte die USA für die „Unsicherheit und Spannungen“ in Irak verantwortlich und konterte mit der Frage, ob es nicht „komisch ist, dass diejenigen, die 160 000 Truppen in Irak stationiert haben, uns Einmischung vorwerfen.“

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